Aulus Cornelius Celsus – Wikipedia

Lithografisches Phantasieporträt des Celsus (1865)

Aulus Cornelius Celsus (fälschlich auch Aurelius Cornelius Celsus; * um 25 v. Chr.; † um 50 n. Chr.) war ein römischer Enzyklopädist und um 30 n. Chr. einer der wichtigsten Medizinschriftsteller seiner Zeit. Unwahrscheinlich ist, dass Celsus („der Cicero der Ärzte“[1]) selbst als Arzt tätig war. Über sein Leben ist wenig bekannt. Berühmt wurde vor allem die medizingeschichtliche Einleitung zu seinem Buch über die Medizin De medicina.

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

De medicina, Ausgabe von 1528

Cornelius Celsus’ großes, während der Herrschaftszeit des Kaisers Tiberius zwischen 25 und 35 n. Chr. verfasstes enzyklopädisches Werk Artes umfasste die „Künste und Wissenschaften“ Landwirtschaft, Rhetorik und Medizin, wahrscheinlich auch Kriegswesen, Philosophie und Rechtslehre. Davon ist nur der Teil über die Heilkunst (De medicina) vollständig erhalten, die übrigen Teile sind verschollen oder nur fragmentarisch aus Zitaten späterer Autoren bekannt.

In der rationellen Darstellung der nachhippokratischen Medizin orientiert sich Celsus hauptsächlich an den Lehren des griechischen Arztes Hippokrates. Celsus steht in der Tradition der alexandrinischen Schule. Er war der Erste, der zahlreiche medizinische Ausdrücke aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzte, daher wird er auch als medicorum Cicero bezeichnet.[2]

Die noch heute gültigen vier Zeichen der lokalen Entzündung wurden erstmals von Celsus beschrieben: Tumor (Schwellung), Calor (Überwärmung), Rubor (Rötung), Dolor (Schmerz).[3] Galenos (129–215 n. Chr.) fügte als fünftes Merkmal die Functio laesa (Funktionseinschränkung) hinzu.

Der medizinische Teil der sechsteiligen Enzyklopädie umfasst acht Bücher:

  • Buch 1 gibt eine Geschichte der Medizin,
  • Buch 2 behandelt die allgemeine Pathologie,
  • Buch 3 die einzelnen Krankheiten,
  • Buch 4 diejenigen der Körperteile,
  • Buch 5 und 6 die Pharmakologie,
  • Buch 7 die Chirurgie und
  • Buch 8 die Knochenbehandlung.

Im 5. und 8. Buch seines Werkes über die Heilkunde behandelt er auch die Augenheilkunde, etwa die Staroperation.[4] In Buch 7 beschreibt Celsus unter anderem die von dem Arzt Ammonios, genannt „der Steinschneider“, erfundene Zertrümmerung eines Blasensteins in der Harnblase unter Verwendung eines (vom Lithotomus) in die Blase eingeführten Hakens (in Kap. 26, 3 C), aber auch den bis ins 18. Jahrhundert gebräuchlichen einzeitigen Zirkelschnitt[5] bei Amputationen.

Bedeutung im Mittelalter und der Renaissance[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Enzyklopädie des Celsus wurde im Mittelalter weitgehend durch das entsprechende Werk Plinius des Älteren verdrängt. Da der Teilabschnitt De medicina jedoch Themen behandelt, die von Plinius in seiner Naturgeschichte teilweise nur kursorisch abgedeckt wurden, wurde diese Passage des Werkes weiter überliefert.[6] Die Teilschrift war bis ins 10. Jahrhundert im Abendland bekannt, im hohen und späten Mittelalter aber verschollen. Erst 1426 wurde sie durch Guarino da Verona wiederentdeckt. Sie wurde 1478 in Venedig gedruckt. Celsus galt neben Galen als eine der wichtigsten Quellen für medizinische Erkenntnisse der Antike und der hippokratisch begründeten rationellen Medizin. Erst mit der Rezeption des Paracelsus (um 1500 – para hier fälschlicherweise verstanden als „gegen“, „darüber hinaus“, nachdem Paracelsus einige Theorien des Celsus verwarf und eine experimentelle Medizin bevorzugte) wurden die Vorstellungen der Viersäftelehre der Hippokratiker und damit des Celsus und des Galen zunehmend als überholt angesehen.

Ausgaben und Übersetzungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • De Medicina Libri Octo. Ad Optimas Editiones Collati. Praemittitur notitia literariae Studiis societatis Bipontinae. Editio accurata. Societas Bipontina, Zweibrücken 1786.
  • Friedrich Marx (Hrsg.): A[uli] Cornelii Celsi Quae supersunt (= Corpus medicorum graecorum. Band 1). Teubner, Leipzig/Berlin 1915. Darin: De medicina libri VIII.
  • Aulus Cornelius Celsus: De medicina/Die medizinische Wissenschaft. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Thomas Lederer. 3 Bände. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2016.
  • Aulus Cornelius Celsus: Über die Arzneiwissenschaft in acht Büchern. Übersetzt und erklärt von Eduard Scheller, nach der Textausgabe von Daremberg neu durchgesehen von Walter Frieboes. 2. Auflage. Braunschweig 1906 (Nachdruck: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1967).
  • Jutta Kollesch, Diethard Nickel: Antike Heilkunst – Ausgewählte Texte. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 978-3-15-009305-4: Aulus Cornelius Celsus: Die Medizin. Buch I (aus dem Vorwort, §§ 1–11: CML I, S. 17,1–19,3; §§ 23–26: CML I, S. 21, 12–32), Buch VII (Kapitel 26,3 C [CML I, S. 350, 21–28], und Kapitel 12,1 [CML I, S. 327,9–328,19]).
  • Walter George Spencer (Hrsg.): Celsus, De Medicina. Übersetzt von Walter G. Spencer. Loeb/ Harvard University Press, Cambridge Mass. 1935–1938 (lateinisch und englisch).
  • Werner Albert Golder (Hrsg.): Celsus und die antike Wissenschaft. De Gruyter, Berlin 2019, ISBN 978-3-11-044165-9 (lateinische Texte mit deutscher Übersetzung)
  • Philippe Mudry: La Préface du De Medicina de Celse. Texte, traduction et commentaire. Institut Suisse, Rom 1982 (= Bibliotheca Romana Helvetica. Band 19).

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ihm zu Ehren trägt der Celsus Peak in der Antarktis seinen Namen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Georg Fischer: Chirurgie vor 100 Jahren. Historische Studie. [Gewidmet der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie]. Verlag von F. C. W. Vogel, Leipzig 1876; Neudruck mit dem Untertitel Historische Studie über das 18. Jahrhundert aus dem Jahre 1876 und mit einem Vorwort von Rolf Winau: Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 1978, ISBN 3-540-08751-6, S. 230, 417, 421, 525 und öfter.
  • Gerhard Baader: Überlieferungsprobleme des A. Cornelius Celsus. In: Forschungen und Fortschritte. Band 34, 1960, S. 215–218.
  • Bernadette Puech: Celsus (Aulus Cornelius). In: Richard Goulet (Hrsg.): Dictionnaire des philosophes antiques. Band 2, CNRS Éditions, Paris 1994, ISBN 2-271-05195-9, S. 257–259.
  • Christian Schulze: Celsus. Olms, Hildesheim 2001.
  • Heinrich Schipperges: Celsus, Aulus Cornelius. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 235.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildungen und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 56.
  2. Vgl. auch Alf Önnerfors: Das medizinische Latein von Celsus bis Cassius Felix. In: Wolfgang Haase, Hildegard Temporini (Hrsg.): Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Band II, 37/1, Berlin/New York 1993, S. 227–392.
  3. Cels. 3,10,3.
  4. Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildungen und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 56.
  5. Georg Fischer: Chirurgie vor 100 Jahren. Historische Studie. [Gewidmet der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie]. Verlag von F. C. W. Vogel, Leipzig 1876; Neudruck mit dem Untertitel Historische Studie über das 18. Jahrhundert aus dem Jahre 1876 und mit einem Vorwort von Rolf Winau: Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 1978, ISBN 3-540-08751-6, S. 572.
  6. Kai Brodersen: Ein abgeschlossenes Sammelgebiet? Neufunde paganer lateinischer Literatur aus der Antike. In: Gymnasium. Band 118, 2011, S. 29–42, hier S. 33 f.