Berlin-Zehlendorf – Wikipedia

Zehlendorf
Ortsteil von Berlin
Zehlendorf auf der Karte von Steglitz-ZehlendorfBerlinBrandenburgWannseeNikolasseeSchlachtenseeZehlendorfDahlemSteglitzLankwitzLichterfelde
Zehlendorf auf der Karte von Steglitz-Zehlendorf
Koordinaten 52° 26′ 2″ N, 13° 15′ 32″ OKoordinaten: 52° 26′ 2″ N, 13° 15′ 32″ O
Fläche 18,83 km²
Einwohner 54.765 (31. Dez. 2023)
Bevölkerungsdichte 2908 Einwohner/km²
Eingemeindung 1. Okt. 1920
Postleitzahlen 14163, 14165, 14167, 14169
Ortsteilnummer 0604
Gliederung
Bezirk Steglitz-Zehlendorf
Ortslagen

Zehlendorf (anhören/?) ist ein Ortsteil des im Südwesten Berlins gelegenen Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Bis zur Verwaltungsreform 2001 existierte ein eigenständiger Bezirk Zehlendorf.

Im Sprachgebrauch steht Zehlendorf häufig sowohl für den Ortsteil als auch für den ehemaligen Bezirk, der um den Ortskern Zehlendorf bestand und sich über Villensiedlungen in Richtung der Wannsee-Gewässer erstreckte und neben dem Ortsteil Zehlendorf die Ortsteile Wannsee, Nikolassee und Dahlem umfasste. Bei der Verwaltungsreform 2001 wurden die damaligen Bezirke Zehlendorf und Steglitz zu dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf fusioniert.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der alte Ortskern von Zehlendorf liegt südlich von Dahlem und grenzt nach Osten an die Villenkolonie Lichterfelde-West, nach Westen an Nikolassee.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übersichtskarte Zehlendorf

In der ersten Siedlungsphase der deutschen Ostsiedlung in der Zauche und auf dem südwestlichen Teltow zogen im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts deutsche Siedler in bereits bestehende slawische Siedlungen am Schlachtensee, an der Krummen Lanke und dem Krummen Fenn, dem heutigen Museumsdorf Düppel, wobei diese möglicherweise erweitert wurden. In der zweiten Siedlungsphase entstanden neue Angerdörfer und Straßendörfer. Dabei wurde die Siedlungslandschaft umstrukturiert, indem die alten kleinen slawischen Siedlungen aufgelöst und ihre Einwohner umgesiedelt wurden. Das breite Straßendorf Zehlendorf entstand um 1230 und wurde 1242 als Cedelendorp erstmals schriftlich in einem Verkaufsvertrag erwähnt. Damals wechselte das Eigentum von den Markgrafen Johann I. und Otto III. zum Zisterzienserkloster Lehnin. Der Ortsname ist eine deutsch-slawische Mischform, in der der polabische Personennamen Sedl enthalten ist, der sich wiederum vom altslawischen Wort Sedlo (‚Siedlung‘) ableitet.

Barocke Dorfkirche Zehlendorf aus dem Jahr 1768

Angeblich wurde 1264 eine Dorfkirche urkundlich erwähnt, die einen Klutturm hatte (niederdeutsch: klut = ‚Klotz‘). Es dürfte sich um eine um 1250 erbaute vierteilige Apsiskirche aus Feldsteinquadern mit schiffsbreitem Querturm gehandelt haben.[1] Sie wurde 1760 im Siebenjährigen Krieg zerstört und 1767 abgebrochen. Der 1768 errichtete Ersatzbau der Dorfkirche Zehlendorf war für eine märkische Dorfkirche ganz ungewöhnlich: ein Zentralbau in Form eines Oktogons.

Im Landbuch Karls IV. (1375) wurde Zehlendorf mit 50 Hufen erwähnt; davon hatte der Pfarrer vier und der Lehnschulze drei. Es gab einen Krug und eine (Wasser-)Mühle. Auch elf Kossäten und zwei Seen (Fischereirechte auf dem Schlachtensee und der Krummen Lanke) wurden genannt. Abgaben (Zehnt, Pacht und Bede) standen zum Teil dem Markgrafen zu, zum Teil dem Kloster Lehnin. Im Jahr 1411 wurde das Dorf von magdeburgischen Raubrittern überfallen. 1572 gab es ein Lehnschulzengut mit fünf Hufen, das Rechte auf unterschiedliche Abgaben und Dienstleistungen hatte. Inzwischen waren auch ein Hirtenhof, eine kleine Badstube, ein Backofen, eine Schmiede und eine kleine Fischerei vorhanden. 1591 wurde ein Windmüller erwähnt. Der Pfarrer wohnte in Teltow; auf dem Pfarrgrundstück war der kurfürstliche Teichwärter eingezogen. Mit der Reformation endete 1542 die Herrschaft des Klosters Lehnin, und Zehlendorf wurde bis 1872 unter brandenburgisch-kurfürstliche Verwaltung des Amtes Mühlenhof gestellt.

Die Berlin-Potsdamer Bahn
Gemälde von Adolph Menzel, 1847

Im Jahr 1730 ließ Friedrich Wilhelm I. den Königsweg als Schnellweg nach Potsdam einrichten und 1792 wurde durch Friedrich Wilhelm II. die Straße von Berlin nach Potsdam zur ersten Chaussee Preußens ausgebaut. Am 22. September 1838 fuhr die erste preußische Eisenbahn von Potsdam nach Zehlendorf. Bis zum 29. Oktober war Zehlendorf Endstation, von da an fuhren die Züge bis Berlin zum Potsdamer Bahnhof. 1874 erfolgte die Eröffnung der Wannseebahn von Zehlendorf über Schlachtensee und Wannsee nach Kohlhasenbrück. Diese zweigt gleich hinter dem Bahnhof Zehlendorf in Richtung Bahnhof Schlachtensee ab und trifft kurz vor dem Bahnhof Griebnitzsee wieder auf die Stammbahn. Bis zum 18. September 1980 war Zehlendorf darüber hinaus für die Stammbahn über den Bahnhof Zehlendorf Süd an den Bahnhof Düppel angebunden.

Die selbstständige Landgemeinde Zehlendorf im Landkreis Teltow wurde 1872 gegründet. 1894 wurde das bis dahin selbstständige und 1299 erstmals urkundlich erwähnte Dorf Schönow in die Landgemeinde Zehlendorf eingegliedert. Die heutige Ortslage Schönow erstreckt sich im Süden am Teltowkanal bis auf das Gebiet von Berlin-Lichterfelde. 1920 wurde die Landgemeinde nach Groß-Berlin eingemeindet. Mit anderen Ortschaften entstand dabei der Bezirk Zehlendorf von Berlin, der 1945 Teil des amerikanischen Sektors und damit West-Berlins wurde und am 1. Januar 2001 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf aufging.

Im Dezember 2020 gab der Ortsteil Zehlendorf einen größeren Gebietsteil an den neugebildeten Ortsteil Schlachtensee ab.[2]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Einwohner[3]
1858 00.962
1871 01.262
1880 02.750
1890 04.283
1900 08.837
1910 16.864
1919 20.562
Jahr Einwohner[4]
1930 37.215
1938 55.419
1946 50.273
1950 58.548
1960 63.002
1970 61.367
1987 58.982
2000 58.770
Jahr Einwohner[5]
2007 57.961
2010 58.357
2015 59.286
2020 54.328
2021 54.203
2022 54.940
2023 54.765

Der Rückgang der Einwohnerzahl im Jahr 2020 ist darauf zurückzuführen, dass Teile von Zehlendorf dem neu entstandenen Ortsteil Schlachtensee zugeordnet wurden.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bauhaussiedlung Onkel Toms Hütte (Bauzeit: 1926–1931)
Haus am Waldsee

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unternehmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Teltow-Werft ist eine ehemalige Werft am Teltowkanal.

Verkehr[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Individualverkehr

Durch Zehlendorf verläuft die Bundesstraße 1 als wichtigste Verbindung in Ost-West-Richtung. Im Nordwesten wird Zehlendorf von der Bundesautobahn 115 tangiert. Im äußersten Nordwesten liegt die Anschlussstelle Hüttenweg.

S-Bahnhof Mexikoplatz

Öffentlicher Personennahverkehr

Zehlendorf liegt mit vier Haltestellen an der Wannseebahn. Der größte und wichtigste Bahnhof ist der Bahnhof Zehlendorf. Weitere Haltestellen sind Mexikoplatz und Sundgauer Straße.

Die U-Bahn-Linie U3 der Berliner U-Bahn endet in Zehlendorf am Bahnhof Krumme Lanke. Der U-Bahnhof Onkel Toms Hütte liegt ebenfalls in Zehlendorf.

Bildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gesundheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Söhne und Töchter von Zehlendorf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere mit Zehlendorf verbundene Persönlichkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Paul Gerhardt (1847–1923), Wasserbauingenieur, lebte in Zehlendorf
  • Georg Pittrich (1870–1934), Komponist und Kapellmeister, lebte von ca. 1912 bis 1914 in Zehlendorf
  • Lyonel Feininger (1871–1956), Maler und Grafiker, lebte von 1911 bis 1919 in Zehlendorf
  • Paul Levy (1876–1943), Eisenbahningenieur, Verfolgter des Nationalsozialismus, lebte in Zehlendorf
  • Hermann Clajus (1881–1933), Kommunalpolitiker (SPD) und Verfolgter des Nationalsozialismus, lebte in Zehlendorf
  • Kurt Hueck (1897–1965), Botaniker und Verfolgter des Nationalsozialismus, lebte in Zehlendorf
  • Peter Lorenz (1922–1987), Politiker (CDU), lebte am Elvirasteig 31[8]
  • Wolfgang Menge (1924–2012), Journalist und Drehbuchautor, lebte in Zehlendorf
  • Dietrich Fischer-Dieskau (1925–2012), Sänger, wuchs in Zehlendorf auf
  • Georg Heinrichs (1926–2020), Architekt und Stadtplaner, lebte in Zehlendorf
  • Corny Collins (* 1933), Schauspielerin, lebt in Zehlendorf
  • Götz George (1938–2016), Schauspieler, lebte in Zehlendorf
  • Birgit Reinecke (1944–2013), Richterin am Bundesarbeitsgericht, lebte in Zehlendorf
  • Katrin Bongard (* 1962), Künstlerin und Schriftstellerin, in Zehlendorf aufgewachsen
  • Eckart von Hirschhausen (* 1967), Arzt und Kabarettist, in Zehlendorf aufgewachsen

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Falk-Rüdiger Wünsch: Berlin-Zehlendorf – Alte Bilder erzählen. Sutton Verlag, Erfurt 2001, ISBN 3-89702-379-2.
  • Martin Gärtner, Christiane Keim, Heino Grunert u. a.: Baudenkmale in Berlin – Bezirk Zehlendorf, Ortsteil Zehlendorf. Nicolai’sche Verlagsbuchhandlung Beuermann GmbH, Berlin 1995, ISBN 3-87584-561-7.
  • Heimatverein für den Bezirk Zehlendorf e. V. (Hrsg.): Jahrbuch Zehlendorf – 2008. 12. Jg., 1886.
  • Christian Simon: Zehlendorf. Zwischen Idylle und Metropole. be.bra verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-8148-0201-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Berlin-Zehlendorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Wie auch in Marienfelde und Buckow. Ein solch großer „klotziger“ Turm machte fast 50 Prozent der Baukosten aus.
  2. Erklärung und Benennung von Schlachtensee zum Ortsteil Steglitz-Zehlendorfs. In: Amtsblatt für Berlin. 11. Dezember 2020, S. 5879, abgerufen am 14. Dezember 2020.
  3. 1871–1919 Gross-Berlin: Geographie der Weltstadt, Friedrich Leyden 1933
  4. 1930–1987 Statistisches Jahrbuch von Berlin (jeweilige Jahre)
  5. Statistischer Bericht A I 5 – hj 2 / 23. Einwohnerregisterstatistik Berlin 31. Dezember 2023. (PDF) Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, S. 25, abgerufen am 1. März 2024.
  6. Zur Person: Dieter Rosenkranz. In: Berliner Morgenpost, 1. Dezember 2013, abgerufen am 5. Januar 2021.
  7. Christiane Meixner: Jede Kunst hat zeitgenössisch zu sein: Zum Tod des großzügigen Berliner Sammlers Dieter Rosenkranz. In: Nachruf auf den Kunstenthusiasten Dieter Rosenkranz: Sensationen des Alltäglichen. Tagesspiegel, 2021, abgerufen am 3. September 2023.
  8. Lorenz spielte Schach mit seinen Entführern. In: Die Welt, 22. Februar 2000.