Claude Picasso – Wikipedia

Claude Ruiz-Picasso (* 15. Mai 1947 in Boulogne-Billancourt bei Paris; † 24. August 2023 in Genf) war ein französisch-spanischer Fotograf, Filmemacher, Grafiker und Nachlassverwalter für die Familienangehörigen seines Vaters Pablo Picasso.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Claude Picasso entstammte der außerehelichen Beziehung von Pablo Picasso und Françoise Gilot. Seine Schwester ist die 1949 geborene Paloma Picasso. Als Claude sechs Jahre alt war, trennte seine Mutter sich im September 1953 von Picasso. 1955 heiratete sie den Maler Luc Simon, von dem sie sich 1962 wieder scheiden ließ. Nachdem Gilot 1964 die Autobiografie Vivre avec Picasso (Leben mit Picasso) veröffentlicht hatte, brach Picasso den Kontakt zu Gilot, Claude und Paloma ab. Ende der 1960er Jahre erreichte Gilot für ihre Kinder die juristische Anerkennung des Nachnamens Ruiz-Picasso.

Von 1967 bis 1974 lebte und arbeitete Claude Picasso in New York. Er studierte Film am Actors Studio und war Assistent des Fotografen Richard Avedon. Ferner arbeitete er als Fotojournalist, unter anderem für die Zeitschriften Vogue, Time Life und Saturday Review.[1] 1969 lernte er Jonas Salk kennen, den Erfinder des Impfstoffs gegen Kinderlähmung, den seine Mutter Françoise Gilot 1970 heiratete.

Am 8. April 1973 starb Pablo Picasso in seinem Haus in Mougins. Er hinterließ kein Testament. Seine Witwe, Picassos zweite Ehefrau Jacqueline Roque, verhinderte die Teilnahme von Claude und Paloma sowie anderer Familienmitglieder am Begräbnis.[2] Claude Picasso wurde zwei Jahre nach Picassos Tod gerichtlich als Nachlassverwalter für die Familie eingesetzt.[3] 1995 gründete er in New York die Picasso Administration für die Authentifizierung von Picasso zugeschriebenen Werken sowie für die Vergabe von Veröffentlichungsrechten, die inzwischen ihren Sitz in Paris hat.[4] 2012 wurde eigens für die Authentifizierung die Picasso Authentification unter seiner Leitung gegründet.[5] Auf deren Website wurden nur vier der fünf überlebenden Erben genannt; es fehlte die älteste Tochter Maya Widmaier-Picasso (1935–2022) aus der Verbindung des Künstlers mit Marie-Thérèse Walter, die jahrelang ebenfalls Authentifizierungen vorgenommen hatte und deren Mitarbeit nicht erwünscht war. Kunsthändler mussten vorher Expertisen sowohl von Claude Picasso als auch von Maya Widmaier-Picasso einholen.[6]

Im Jahr 1999 lizenzierte Claude Picasso Picassos Signatur und den geschützten Namen Picasso an Citroën für das Automobil Citroën Xsara Picasso. Dagegen protestierten der mit seinem Vater befreundete Fotograf Henri Cartier-Bresson und Teile der Familie, da Pablo Picasso Kommunist war und die Kommerzialisierung seines Namens sein Andenken schädige.[7]

Der frühere Elektriker Picassos, Pierre Le Guennec, und seine Ehefrau wollten 2010 die Echtheit eines umfangreichen Konvoluts von Werken Picassos durch Claude Picasso beglaubigen lassen. Die zwischen 1900 und 1932 entstandenen 271 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen des Künstlers im Schätzwert von rund 100 Millionen Euro hatten angeblich 40 Jahre lang in der Garage des Ehepaars gelegen. Das Ehepaar Guennec behauptete, die Werke von Picasso persönlich als Lohn für Handwerksarbeiten erhalten zu haben. Daraufhin erstatteten die Anwälte der Familie Anzeige wegen Hehlerei und forderten, die Werke Claude Picasso als Nachlassverwalter der Familie zu übergeben. Das Verfahren um den „Picasso-Fund“ erregte internationales Aufsehen und endete im März 2015 in Grasse mit einer Verurteilung des Ehepaars zu zwei Jahren Haft auf Bewährung wegen Hehlerei.[8][9] Die Guennecs gingen in Berufung, diese wurde im Dezember 2016 jedoch abgewiesen.[10]

In den Medien wurde Claude Picasso im Mai 2014 als Kritiker der lange verschobenen Wiedereröffnung des Pariser Musée Picasso genannt, in dem er Verwaltungsrat war. Die Sammlung des 1985 eröffneten Museums besteht aus Werken, die nach dem Tod des Künstlers von den Erben statt Erbschaftssteuerzahlungen übereignet worden waren. Der bisherigen Direktorin Anne Baldassari war gegen seinen Widerstand gekündigt worden.[11][12] Die Wiedereröffnung fand am 25. Oktober 2014 statt.

Claude Picasso starb im August 2023 im Alter von 76 Jahren, nur etwas über zwei Monate nach dem Tod seiner Mutter.[13] Im Juni hatte er die Nachlassverwaltung an seine Schwester Paloma übergeben.[14]

Ehen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1968 traf er Sara Lavner (Schultz), eine junge Frau aus Brooklyn. Sara und Claude heirateten 1969 und ließen sich 1972 scheiden.[15] 1979 heiratete er Sydney Vandecar Russel, 1981 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Die Scheidung erfolgte im Jahr 2000.[16]

Auszeichnungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Claude Picasso wurde 2011 mit dem französischen Verdienstorden Légion d’honneur für seine Arbeit als Fotograf, Filmemacher und als Verwalter des künstlerischen Erbes seines Vaters Pablo Picasso ausgezeichnet.[17]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Françoise Gilot und Carlton Lake: Vivre avec Picasso. Calmann-Lévy, Paris 1964.
    • dt.: Leben mit Picasso. Aus dem Amerikanischen von Anne-Ruth Strauss. Diogenes, Zürich 1987, ISBN 3-257-21584-3.
  • Picasso: die Umarmung, Ausstellung, betreut von Claude Picasso und Sylvie Vautier. Deutsch-spanischer Katalog zur Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie Berlin vom 3. Oktober bis 10. Dezember 2000. SMPK, Berlin 2000.
  • Ulrich Mack: Françoise Gilot  –  ein photographisches Portrait. Benteli Verlag, Wabern/Bern 2006, ISBN 3-7165-1439-X (Fotografien von Ulrich Mack. Mit einer Einführung von Erika Billeter und Texten von Françoise Gilot, Paloma Picasso und Claude Ruiz-Picasso. Katalog zur Ausstellung Françoise Gilot und Ulrich Mack: ZusammenTreffen im Jahr 2006: Graphikmuseum Pablo Picasso Münster, Kunstverein Ludwigsburg, Kunstsammlungen Chemnitz).

Filmografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Remise de décorations à Claude Ruiz-Picasso, Myung-Whun Chung, Ismaïl Serageldin, et Evgueni Kissin. In: culture.gouv.fr. Abgerufen am 26. August 2023 (französisch).
  2. Website von Françoise Gilot. www.francoisegilot.com, abgerufen am 27. Mai 2014.
  3. IngeborgRuthe/Carolin Meister: Picassos Sohn. Berliner Zeitung online, archiviert vom Original am 8. Juli 2014; abgerufen am 27. Mai 2014.
  4. Picasso Administration
  5. Picasso Authentification
  6. George Stolz: Authenticating Picasso, artnews.com, 1. Februar 2013, abgerufen am 7. Juni 2014
  7. Prostituting Picasso, theguardian.com, 20. März 1999, abgerufen am 29. Mai 2014
  8. Picassos im Wert von 100 Millionen Euro: Ehepaar zu Bewährungsstrafe verurteilt, spiegel.de, 20. März 2015, abgerufen am 21. März 2015
  9. Auswahl an Abbildungen
  10. Picassos ehemaliger Elektriker wegen Hehlerei verurteilt, diepresse.com, 16. Dezember 2016, abgerufen am 21. Dezember 2016
  11. Anne Rossiter: Anne Baldassari, President of the Musée Picasso, dismissed over renovation, apollo-magazine.com, 14. Mai 2014, abgerufen am 14. Februar 2016
  12. Sabine Glaubitz: Picassos Sohn nennt es „Sabotage“ (Memento vom 31. Mai 2014 im Internet Archive), mittelbayerische.de, 8. Mai 2014, abgerufen am 25. August 2023
  13. Claude Ruiz Picasso, fils de Pablo Picasso, est décédé à 76 ans, lefigaro.fr, 24. August 2023, abgerufen am 25. August 2023
  14. Claude Picasso gestorben:, faz.net, 25. August 2023
  15. Sara Lavner: The Glitter Factory: The Making and Unmaking of Sara Picasso (A Memoir). CreateSpace Independent Publishing Platform, 2014, ISBN 978-1-4993-7945-7, S. 27–95 (englisch).
  16. Sydney Vandecar Russel, howold.co, abgerufen am 2. September 2022
  17. Remise de décorations à Claude Ruiz-Picasso, Myung-Whun Chung, Ismaïl Serageldin, et Evgueni Kissin, Ansprache des Kulturministers Frédéric Mitterrand, 29. Juni 2011
  18. Matisse–Picasso (2002) auf IMDb (englisch)