Gerickesteg – Wikipedia

Gerickesteg
Gerickesteg
Gerickesteg
Nutzung Fußgänger
Querung von Spree
Ort Berlin
Ortsteil Moabit
Konstruktion Stahl-Zweigelenk­bogen­brücke, strebenloses Pfostenfachwerk
Gesamtlänge circa 70 m
Breite 5,0 m
Längste Stützweite 52 m
Baukosten 133.000 Mark
Baubeginn 1914
Fertigstellung 1915
Planer Bruno Möhring
Lage
Koordinaten 52° 31′ 13″ N, 13° 21′ 1″ OKoordinaten: 52° 31′ 13″ N, 13° 21′ 1″ O
Gerickesteg (Berlin)
Gerickesteg (Berlin)

Der Gerickesteg ist eine Fußgängerbrücke über die Spree östlich des S-Bahnhofs Bellevue. Er dient hauptsächlich dem Zugang zur Stadtbahn aus dem Moabiter Wohngebiet zwischen Alt-Moabit und der Spree. Die Brücke wurde 1914–1915 nach Entwürfen von Bruno Möhring errichtet und nach Beschädigung im Zweiten Weltkrieg vereinfacht wiederhergestellt.

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Bau der Stadtbahn am Ende des 19. Jahrhunderts wurde östlich des S-Bahnhofs Bellevue eine viergleisige Brücke über die Spree errichtet. In der Mittellage der Brücke wurde ein öffentlicher Fußweg als Zugang zum S-Bahnhof von der nördlichen Spreeseite angelegt, der den Namen Bellevuesteg erhielt.[1] Der Volksmund nannte sie damals aufgrund des Lärms der darüberhinwegfahrenden Züge auch „Bullerbrücke“.[2] Mit steigenden Verkehrslasten auf der Stadtbahn traten Schäden an der Eisenbahnbrücke auf und ein Umbau wurde erforderlich. Dieser wurde vom April 1917 bis Dezember 1918 ausgeführt[3] und schloss eine weitergehende Mitbenutzung durch Fußgänger aus. Für die Aufrechterhaltung der Erreichbarkeit des Stadtbahnhofs wurde vor Beginn der Arbeiten an der Stadtbahnbrücke eine separate Fußgängerbrücke geplant und realisiert.

Bau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Originalzustand von 1915

Bruno Möhring entwarf die Fußgängerbrücke als Bogenbrücke mit sichelförmigen Bogenträgern. So konnte eine Spannweite von 52 Metern ohne die Schifffahrt behindernde Zwischenstützen erreicht werden. Die fünf Meter breite Gehbahn wurde tiefliegend in den Bogen eingehängt, sodass eine Durchfahrtshöhe von vier Metern für die Schifffahrt verblieb. Die Brücke überspannt die Spree rechtwinklig zwischen dem Helgoländer und dem Holsteiner Ufer.

Die Bauwerke für Treppen und Widerlager beidseits der Brücke wurden aus Beton erstellt und mit Dolomitporphyr und Granit verkleidet. Die Treppenbrüstungen sind an der Brückenseite pfeilerartig in die Höhe gezogen und mit einer Jugendstil-Laterne gekrönt. Den bildnerischen Schmuck in Form von Masken an den Brüstungen entwarfen die Bildhauer Georg Roch und Hermann Feuerhahn.

Baubeginn für die Brücke war Oktober 1913, die Eröffnung erfolgte nach gut einem Jahr am 30. Januar 1915, der Name Bellevuesteg wurde beibehalten. Die Baukosten betrugen rund 133.000 Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 634.000 Euro).[4]

Am 31. Mai 1920 wurde der Bellevuesteg in Gerickesteg umbenannt. Dies geschah anlässlich eines Jubiläums zu Ehren des Berliner Kaufmanns und Stadtverordneten Wilhelm Gericke (* 19. Januar 1838; † 12. Juni 1926). Wegen seines Engagements für die Entwicklung Moabits und seiner Verdienste als Mitglied der Kanaldeputation nannte ihn der Volksmund auch „König von Moabit“.[5]

Beschädigung und Wiederherstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Treppenaufgang zum Gerickesteg

Wie rund 20 weitere Brücken in Berlin sprengten im Zweiten Weltkrieg gegen Ende der Schlacht um Berlin Spezialisten der Wehrmacht auch den Gerickesteg, um den Vormarsch der Roten Armee zu behindern. Das südliche Ende versank in der Spree, blieb aber in sich intakt und konnte 1947 gehoben werden.[2] Größere Beschädigungen betrafen vor allem die Treppenbauwerke. Die komplette Wiederherstellung erfolgte 1949/1950 in vereinfachter Form. Der Bauschmuck von Roch und Feuerhahn wurde nicht erneuert und die Jugendstil-Laternen Möhrings wurden durch schlichte Leuchten ersetzt. 1987 erfolgte zur 750-Jahr-Feier Berlins eine Sanierung des Bauwerks.

Eine Besonderheit ist, dass der Gerickesteg seit seiner Errichtung 1914/1915 mit Gaslaternen beleuchtet wird. Dies gilt sowohl für die vier Pylone an den beiden Auf- und Abgängen zur Brücke als auch für die zwei auf dem Steg montierten Hängeleuchten. Zuletzt wurden alle sechs Leuchten im Dezember 2008 mit einer komplett neuen Gasbeleuchtungstechnik ausgestattet. Der Gasbetrieb erfolgt durch eine Rohrleitung, die auf der Brücke montiert ist. Seit Ende 2010 sind die Gasleuchten wegen eines defekten Gasrohrs außer Betrieb, im Februar 2011 wurden sie sogar abmontiert. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung plant, den Gerickesteg mit einer elektrischen Beleuchtung zu versehen, was den Charakter der Brücke so verändern dürfte, dass der Denkmalschutz in Frage gestellt werden wird. Mittelfristig will die Senatsverwaltung nahezu sämtliche Berliner Gasleuchten entfernen.[6]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eckhard Thiemann, Dieter Desczyk, Horstpeter Metzing: Berlin und seine Brücken. Jaron Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-89773073-1, S. 116.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gerickesteg – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Julius Straube: Straube's Übersichtsplan von Berlin im Verhältnis 1:4000, Blatt IV. C. Institut und Landkarten-Verlag von Julius Straube, Berlin, 1908
  2. a b Eckhard Thiemann, Dieter Desczyk, Horstpeter Metzing: Berlin und seine Brücken, Jaron Verlag, Berlin 2003, S. 116, ISBN 3897730731
  3. Kuhnke: Der Umbau der Landpfeiler der Stadtbahnbrücke über die Spree am Bahnhof Bellevue in Berlin. In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 40. Jg., Heft 73 (11. September 1920), S. 458–462
  4. Fritz Hedde: Neuere Fußgängerbrücken der Stadt Berlin / Der Bellevuesteg. In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 35. Jg., Heft 65 (14. August 1915), S. 429–432
  5. Landesarchiv Berlin Kerstin Bötticher: Der Erste Weltkrieg in Dokumenten Quellensammlung des Landesarchivs Berlin. In: www.landesarchiv-berlin.de. Landesarchiv Berlin, 2017, abgerufen am 21. Januar 2018.
  6. Historische Gaslampen verschwinden aus Mitte. In: Berliner Morgenpost, 19. Februar 2011; abgerufen am 25. Februar 2011