Dikasterium für die Glaubenslehre – Wikipedia

Basisdaten
Name: Dikasterium für die Glaubenslehre
(Dicasterium pro doctrina fidei)
Sitz: Palazzo del Sant’Uffizio
00120 Città del Vaticano
Kardinalpräfekt: Víctor Manuel Kardinal Fernández (seit September 2023)
Sekretär: Armando Matteo
(seit 2022, für den Bereich Glaubensfragen)
John Joseph Kennedy
(seit 2022, für den Bereich disziplinarischer Fragen)
Untersekretär: Matteo Visioli
(seit 2017)
Philippe Curbelié
(seit 2022)

Das Dikasterium für die Glaubenslehre (lateinisch Dicasterium pro doctrina fidei, vormals Kongregation für die Glaubenslehre) ist eine Zentralbehörde der römisch-katholischen Kirche. Seine Aufgabe ist es, die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und vor Häresien zu schützen.[1] Diese Kongregation wurde von Papst Paul III. mit der Apostolischen Konstitution Licet ab initio vom 21. Juli 1542 als Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis (deutsch „Kongregation der römischen und allgemeinen Inquisition“) gegründet. Im 20. Jahrhundert wurde sie – in der Zeit vor dem Konzil – allgemein kurz als Heiliges Offizium (lat. Sanctum Officium) bezeichnet, nach ihrem neuen Namen von 1908.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Palazzo del Sant’Ufficio, Rom, Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre

Die Kongregation für die Glaubenslehre war die älteste Kongregation der römischen Kurie. Sie wurde von Papst Paul III. am 21. Juli 1542 als Congregatio Romanae et universalis Inquisitionis gegründet.[2] Hierzu wurde im selben Jahr ein zuständiges Kollegium von sechs Kardinälen ernannt, die als Generalinquisitoren mit Sonderrechten unter anderem zur Ernennung weiterer Inquisitoren ausgestattet waren. Die Römische Inquisition versuchte, das Vordringen des Protestantismus nach Italien zu verhindern. Ein eigener Index für verbotene Bücher wurde erstellt, der Index Librorum Prohibitorum. Die bekanntesten durch die Römische Inquisition verurteilten Personen sind Giordano Bruno (1600) und Galileo Galilei (1633). 1798 wurde der Kirchenstaat von Napoleon annektiert und die Römische Inquisition abgeschafft. Sie wurde zwar 1814 wieder eingesetzt, besaß jedoch im 19. Jahrhundert einen bereits völlig anderen Charakter, da sie keine Exekutivmittel mehr besaß, sondern nunmehr auf die Macht des Wortes beschränkt war. Papst Pius X. änderte 1908 mit der Apostolischen Konstitution Sapienti consilio den Namen in Sacra Congregatio Sancti Officii (deutsch: „Heilige Kongregation des Heiligen Offiziums“).

Gegen Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils ordnete Papst Paul VI. mit dem Motu Proprio Integrae servandae vom 7. Dezember 1965 die Aufgaben und die Struktur der Kongregation neu und gab ihr den Namen Heilige Kongregation für die Glaubenslehre. Erster Präfekt war von 1965 bis 1968 Kardinal Alfredo Ottaviani, der seit 1959 schon Sekretär des Heiligen Offiziums war; Präfekt des Heiligen Offiziums war bis zu diesem Zeitpunkt stets der jeweilige Papst selbst gewesen. Sein Nachfolger war Kardinal Franjo Šeper, welcher das Amt bis 1981 innehatte. Von 1981 bis zum Tod von Johannes Paul II. 2005 wurde die Kongregation durch Joseph Kardinal Ratzinger geleitet. Nach dessen Wahl zum Papst wurde Erzbischof William Joseph Levada bis zum 2. Juli 2012 sein Nachfolger im Amt des Präfekten der Glaubenskongregation. Mit gleichem Datum wurde Gerhard Ludwig Müller zum neuen Präfekten ernannt und am 16. März 2013 durch Papst Franziskus übergangsweise[3] und am 21. September 2013 dauerhaft im Amt bestätigt.[4] Im Jahr 2023 setzte Franziskus der vier Jahrzehnte langen, ab 1981 bestandenen, konservativen Führung des Dikasteriums ein Ende, indem er den als liberal beschriebenen Víctor Fernández zum Nachfolger vom Präfekten Luis Ladaria ernannte.[5][6]

Gemäß Artikel 48 der von Papst Johannes Paul II. 1988 promulgierten Apostolischen Konstitution über die römische Kurie, Pastor Bonus[7], hat die Kongregation für die Glaubenslehre die Aufgabe, „die Glaubens- und Sittenlehre in der ganzen katholischen Kirche zu fördern und zu schützen.“ Mit Inkrafttreten dieser Konstitution wurden die Kurienbehörden nicht mehr als heilig bezeichnet, sodass 1988 der bis 2022 gültige Name „Kongregation für die Glaubenslehre“ entstand.

Mit Inkrafttreten der Apostolischen Konstitution Praedicate Evangelium am 5. Juni 2022 erhielt sie die Bezeichnung „Dikasterium für die Glaubenslehre“ (“Dicastero per la Dottrina della Fede”).

Struktur und Arbeitsweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem Motu Proprio „Fidem Servare“ vom 14. Februar 2022 änderte Papst Franziskus die Gliederung der Kongregation.[8]

  • Die erste Sektion ist für doktrinäre Fragen und für Eheauflösungsverfahren zugunsten des Glaubens in den Fällen zuständig, in denen einer der bisherigen Ehepartner nicht getauft war.
  • Die zweite Sektion ist mit Disziplinarverfahren betraut. Im Mittelpunkt steht der sexuelle Missbrauch durch Kleriker. Während des Pontifikates von Papst Benedikt XVI. wurden rund 400 Priester wegen sexueller Vergehen strafweise in den Laienstand zurückversetzt. Hinzu kommen weitere schwerwiegende Delikte wie Hostienfrevel, Verletzung des Beichtgeheimnisses, versuchte Frauenordination, Bischofsweihen ohne päpstliches Mandat (die vor allem in der Volksrepublik China erfolgen), Apostasie, Häresie und Schisma. Nach Anzeige, Untersuchung (lateinisch: inquisitio) und Schuldspruch werden in den genannten Fällen kanonische Strafen verhängt. Die bis Anfang des 20. Jahrhunderts häufigen Exkommunikationen wegen „Häresie“ sind inzwischen äußerst selten. Bei der lehrmäßigen Beanstandung von katholischen Theologieprofessoren bleibt der Entzug der Lehrbefugnis die gewöhnliche Höchststrafe.

Dem Motu Proprio „Fidem Servare“ zufolge besteht die Aufgabe der Glaubenskongration nicht nur darin, die katholische Glaubens- und Sittenlehre zu hüten, sondern auch die Fortentwicklung der Theologie des Lehramtes unter Berücksichtigung der Pastoral zu begleiten. Sie ist auch für die Piusbruderschaft zuständig und seit 2006 gemäß dem Motu Proprio Anglicanorum coetibus von Papst Benedikt XVI. für ehemalige Anglikaner, wenn diese eine volle Eingliederung in die katholische Kirche wünschen.

An der Spitze des Dikasteriums für die Glaubenslehre steht ein Kardinalpräfekt. Er ist in Personalunion auch Präsident der von Papst Pius X. eingerichteten Päpstlichen Bibelkommission. Dem Präfekten stehen zwei Sekretäre zur Seite. Neben der halbjährlichen Vollversammlung der Kongregation gibt es jeden Mittwoch (feria quarta) eine Mitarbeiterbesprechung unter dem Vorsitz des Präfekten über die laufenden Angelegenheiten.

Mitglieder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Angeregt durch die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils hat Paul VI. Bischöfe und Kardinäle als Vertreter der Weltkirche und der Ortskirchen in die Arbeit der Glaubenskongregation mit einbezogen. Die Kongregation selbst besteht aus 22 Mitgliedern, Kardinälen, Erzbischöfen und Bischöfen, die vom Papst für jeweils fünf Jahre berufen werden. Mitglieder der Kongregation sind zurzeit:

Kardinäle

Erzbischöfe

Bischöfe

Konsultoren (Auswahl)

Kirchenanwalt ist seit 2014 Robert Joseph Geisinger.[22]

Veröffentlichte Schreiben (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus aktuellen Anlässen veröffentlicht die Glaubenskongregation offizielle Dokumente; hierbei wird unterschieden zwischen Dokumenten zur Doktrin, Dokumenten zur Disziplin und Dokumenten zu sakramentalen Fragen.[23] Darüber hinaus existiert die Sammlung „Documenti e Studi“[24]. Die Dokumente werden wiederum in verschiedene Kategorien unterteilt: Instruktionen, Lehrmäßige Noten, Antworten zu Anfragen, Notifikationen und Allgemeine Schreiben.

Dokumente zur Doktrin (Auszug)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Siehe auch: Donum vitae
Siehe auch: Dominus Iesus
Siehe auch: Dignitas personae

Dokumente zur Disziplin (Auszug)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Großinquisitoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Antonio Ghisleri, Großinquisitor 1558–1566

Sekretäre des Heiligen Offiziums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Büste von Francesco Barberini, Sekretär des Hl. Offiziums 1633–1679

Präfekten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Joseph Ratzinger, Präfekt der Glaubenskongregation 1981–2005

Bis 1965 war der Papst selbst Präfekt des Heiligen Offiziums.

Sekretäre der Glaubenskongregation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Pastor Bonus, Apostolische Konstitution von Papst Johannes Paul II. vom 28. Juni 1988, Art. 48.
  2. Vgl. Gerd Schwerhoff: Die Inquisition: Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit. München 2004, S. 98.
  3. Dikasterien der römische Kurie übergangsweise bestätigt, Radio Vatikan, 16. März 2013
  4. Personaländerungen in der Kurie – Müller bestätigt – Neuer Nuntius in Berlin, Radio Vatikan, 21. September 2013
  5. Conclusione del mandato del Prefetto del Dicastero per la Dottrina della Fede e nomina del successore. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 1. Juli 2023, abgerufen am 1. Juli 2023 (italienisch).
  6. Frank Hornig: (S+) Vatikan: Papst Franziskus räumt mit Benedikts Erbe auf. In: Der Spiegel. 13. Juli 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. Juli 2023]).
  7. Text der Apostolischen Konstitution (PDF)
  8. Lettera Apostolica in forma di «Motu Proprio» del Sommo Pontefice Francesco con la quale viene modificata la struttura interna della Congregazione per la Dottrina della Fede, 14. Februar 2022, abgerufen am 2. März 2022.
  9. a b Nomina di Cardinali Membri dei Dicasteri della Curia Romana, in: Presseamt des Heiligen Stuhls: Tägliches Bulletin vom 6. Mai 2006.
  10. Nomina di membro della Congregazione per la Dottrina della Fede, in: Presseamt des Heiligen Stuhls: Tägliches Bulletin vom 26. Januar 2008.
  11. a b c Nomina di Membri della Congregazione per la Dottrina della Fede, in: Presseamt des Heiligen Stuhls: Tägliches Bulletin vom 16. Oktober 2010.
  12. a b Nomina di Cardinali Membri dei Dicasteri e degli Organismi della Curia Romana, in: Presseamt des Heiligen Stuhls: Tägliches Bulletin vom 21. April 2012.
  13. Nomina di Membro della Congregazione per la Dottrina della Fede. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 14. Januar 2017, abgerufen am 14. Januar 2017 (italienisch).
  14. Nomina di Membro in diversi Dicasteri. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 4. März 2023, abgerufen am 4. März 2023 (italienisch).
  15. Nomina di Membro in diversi Dicasteri. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 4. März 2023, abgerufen am 4. März 2023 (italienisch).
  16. Nomina di Membri dei Dicasteri della Curia Romana e della Pontificia Commissione per lo Stato della Città del Vaticano. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 4. Oktober 2023, abgerufen am 5. Oktober 2023 (italienisch).
  17. a b Nomina di membri della Congregazione per la Dottrina della Fede, in: Presseamt des Heiligen Stuhls: Tägliches Bulletin vom 22. September 2009.
  18. Nomina di membro della Congregazion per la Dottrina della Fede, in: Presseamt des Heiligen Stuhls: Tägliches Bulletin vom 1. Dezember 2012.
  19. Nomina di Membri della Congregazione per la Dottrina della Fede. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 28. Mai 2014, abgerufen am 2. Juni 2014 (italienisch).
  20. a b c Erstmals wachen auch Frauen über die Glaubenslehre. katholisch.de, 23. April 2018, abgerufen am 18. Juli 2018.
  21. a b c Nomina di Consultori della Congregazione per la Dottrina della Fede. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 25. Januar 2021, abgerufen am 25. Januar 2021 (italienisch).
  22. Rinunce e nomine. 10. September 2014, abgerufen am 27. März 2021.
  23. Dokumentensammlung zu sakralen Fragen
  24. Collana “Documenti e Studi”
  25. Inter insigniores in der deutschen Übersetzung auf der Homepage des Heiligen Stuhls
  26. Deutsch: [1]
  27. Text der Erklärung
  28. Wortlaut des Urteils
  29. Text der Ordnung
  30. Text des Allgemeinen Dekrets

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Koordinaten: 41° 54′ 3,6″ N, 12° 27′ 22,5″ O