Hans-Christoph Berndt – Wikipedia

Hans-Christoph Berndt, 2023

Hans-Christoph Berndt (* 1956 in Bernau) ist ein deutscher Politiker (AfD) und Spitzenkandidat für die Brandenburger Landtagswahl 2024.[1] Seit Oktober 2020 ist er Fraktionsvorsitzender der AfD im brandenburgischen Landtag und in dieser Eigenschaft auch Oppositionsführer im Landtag. Berndt wird vom Brandenburger Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft.[2]

Berndt wuchs in Ost-Berlin im Prenzlauer Berg auf und machte 1975 Abitur.[3] Anschließend besuchte er für ein Jahr den Altsprachenkurs Schöneiche des Priesterseminars Erfurt. Von 1976 bis 1977 war er als Mechaniker tätig. Zwei Jahre später begann er ein Studium der Zahnmedizin. Nach dem Abschluss 1984 absolvierte er bis 1989 eine Ausbildung als Fachzahnarzt für Pathobiochemie.[4] Später promovierte er über den Transport von Dopamin im Gehirn von Ratten.[5]

Er arbeitete seit Mitte der 1980er Jahre als Labormediziner an der Berliner Charité und war für etwa zehn Jahre Vorsitzender des Personalrats der Medizinischen Fakultät.[5] Nachdem seine Tätigkeit als Sprecher des rechtsextremen Vereins Zukunft Heimat bekannt geworden war, distanzierte sich die Klinik: „Die Charité spricht sich für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft aus. Als Universitätsklinikum mit […] Mitarbeitern aus 77 Nationen steht sie für soziale Verantwortung, Hilfsbereitschaft und Toleranz“.[3] 2016 kandidierte Berndt nicht erneut für den Vorsitz, gehörte dem Personalrat aber weiterhin als einfaches Mitglied an.

Berndt wohnt in Golßen-Sagritz im Landkreis Dahme-Spreewald. Er ist verheiratet und römisch-katholisch.[6]

Partei und Abgeordneter

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 2018 trat Berndt in die AfD ein. Bei der Wahl des Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Brandenburg wurde er im Januar 2019 knapp hinter Andreas Kalbitz auf Platz 2 der Landesliste gewählt.[7] Er ist seit 2019 Mitglied der Stadtverordnetenversammlung in Golßen. Bei der Landtagswahl im September 2019 gewann er mit 28,9 Prozent der Erststimmen das Direktmandat im Wahlkreis 28 (Dahme-Spreewald III) und zog als direkt gewählter Abgeordneter in den Landtag von Brandenburg ein.[8] Als gleichzeitiges Mitglied des Landtages und der Stadtverordnetensammlung übt er ein Doppelmandat aus.

Am 27. Oktober 2020 wurde er als Nachfolger von Andreas Kalbitz zum Fraktionsvorsitzenden der brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion gewählt.[9] Im März 2022 wurde er in dieser Funktion bestätigt.[10]

Berndt wird innerparteilich zu den Anhängern der völkisch-nationalistischen Gruppierung Der Flügel gerechnet, obwohl er die Erfurter Resolution nie unterschrieben hat und darum formal nicht zum engeren Mitgliedskreis zählt. Der Flügel, zu dessen Führungspersönlichkeiten auch sein Vorgänger Andreas Kalbitz gehörte,[11] löste sich im Frühjahr 2020 proforma auf.

Auf dem 10. Landesparteitag wurde er im April 2024 mit 87 % der Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im September gewählt,[1] auch ist er stellvertretender Landesvorsitzender geworden.[12]

Verein Zukunft Heimat

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Berndt ist Mitgründer und einer der beiden Vorsitzenden des 2015 gegründeten Vereins Zukunft Heimat, der rassistische Demonstrationen in Cottbus und Umgebung organisiert.[5] Der flüchtlingsfeindliche Verein aus Golßen mit etwa 100 Mitgliedern wird vom Verfassungsschutz Brandenburg als „erwiesen rechtsextremistisch“ und „neonationalsozialistisch beeinflusst“ eingestuft.[13]

Berndt gilt als Netzwerker und hat Verbindungen zu Organisationen der Neuen Rechten wie Ein Prozent für unser Land, dem Institut für Staatspolitik und dem Magazin Compact, die alle vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Er trat mehrfach als Redner bei Pegida-Demonstrationen in Dresden auf.[11]

Kontroverse Positionen und Einordnung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf einer Demonstration im Januar 2016 tätigte Berndt die Aussage: „Welche Frau kann sich noch ungezwungen bewegen, wenn auch nur in der Ferne eine Gruppe dunkelhaariger, junger Männer auftaucht oder auftauchen könnte?“[14][15]

Berndt wird laut Spiegel vom Brandenburger Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingeschätzt.[16]

Anfang Mai 2020, kurz nach Beginn der COVID-19-Pandemie, fragte Berndt öffentlich auf einer Demonstration, ob „überhaupt jemand an Corona gestorben ist“.[17] Berndt lehnte das Tragen von Mund-Nasen-Schutz zur Ansteckungsverhütung als „Symbol der Unterdrückung“ ab.[11] Am 30. Oktober 2020 äußerte er während einer Sondersitzung im Landtag Brandenburg, er „glaube auch nicht an Corona“, und bezeichnete sich als „Corona-Ketzer“.[18] Auch im Dezember 2020, als die Zahl der Neuinfektionen in Brandenburg, deutschland- und weltweit dramatisch angestiegen war, behauptete er weiter, es gäbe keine Übersterblichkeit.[19]

Im Januar 2024 verteidigte er die Diskussion zum Thema Remigration, die auf einem rechtsextremistischen Treffen in Potsdam geführt worden sein soll: Sie sei „kein Geheimplan, sondern ein Versprechen“.[20]

Veröffentlichungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Untersuchungen zum posthypoxischen Dopamintransport im Rattenstriatum. Berlin 1990, DNB 910037620 (Dissertation an der Humboldt-Universität).
Commons: Hans-Christoph Berndt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Brandenburger AfD geht mit Fraktionschef Berndt als Spitzenkandidat in Landtagswahl. 6. April 2024, abgerufen am 9. Mai 2024.
  2. Severin Weiland: Neuer AfD-Fraktionschef in Brandenburg: Rechtsextremist folgt auf Rechtsextremisten. In: Der Spiegel. 27. Oktober 2020, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 17. August 2023]).
  3. a b Claudia Fuchs: Rassismus-Vorwürfe. Charité-Leitung distanziert sich von Mitarbeiter. In: Berliner Zeitung. 8. Juli 2016, abgerufen am 29. September 2019.
  4. Redaktion des Landtages Brandenburg: Landtag Brandenburg. Abgerufen am 7. September 2020.
  5. a b c Ulrich Wangemann: Wie „Zukunft Heimat“ nach Cottbus fand. In: Märkische Allgemeine. 27. Februar 2018, abgerufen am 29. September 2019.
  6. Erzbischof Koch kontert Nächstenliebe-Aussage von AfD-Politiker. Abgerufen am 19. September 2024.
  7. Andreas Fritsche: Liste der strammen Rechten. In: Neues Deutschland, 7. Januar 2019, abgerufen am 30. Oktober 2020.
  8. Landtagswahl im Land Brandenburg am 01.09.2019. Erststimmenergebnisse nach Wahlkreisen (Endgültiges Ergebnis). Der Landeswahlleiter für Brandenburg, September 2019, abgerufen am 29. September 2019.
  9. Anja Haufe: Hans-Christoph Berndt zu neuem AfD-Fraktionschef gewählt. rbb, 27. Oktober 2020, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020; abgerufen am 27. Oktober 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rbb24.de
  10. Berndt bleibt Fraktionschef der Brandenburger AfD. rbb, 8. März 2022, abgerufen am 18. Mai 2022.
  11. a b c André Hatting: Der neue Fraktionschef ist genauso rechts wie der alte. In: Deutschlandfunk Kultur, 27. Oktober 2020, abgerufen am 28. Oktober 2020 (Gespräch mit Christoph Richter).
  12. René Springer wird neuer AfD-Vorsitzender in Brandenburg. 17. März 2024, abgerufen am 9. Mai 2024.
  13. (PDF) Pressemitteilung Verfassungsschutz Brandenburg (Ministerium des Inneren und für Kommunales Brandenburg), 7. September 2020 (Memento vom 1. November 2020 im Internet Archive)
  14. Berliner Zeitung: Berlin-Wedding: Charité-Leitung distanziert sich wegen Rassismus-Vorwürfen von Mitarbeiter. Abgerufen am 7. September 2020.
  15. Rassismus-Vorwürfe gegen Personalrat. rbb, Juni 2017, abgerufen am 7. September 2020.
  16. Severin Weiland: Neuer AfD-Fraktionschef in Brandenburg: Rechtsextremist folgt auf Rechtsextremisten. In: Der Spiegel. 27. Oktober 2020, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 17. August 2023]).
  17. Wie Rechtspopulisten die Corona-Krise für sich nutzen. Abgerufen am 7. September 2020.
  18. Schlagabtausch im Landtag zu neuen Corona-Maßnahmen. Abgerufen am 31. Oktober 2020.
  19. FAZ.net vom 18. Dezember 2020: Krisengebiet Brandenburg
  20. Mathis Gann: Rechtes Geheimtreffen: Brandenburger AfD unterstützt Inhalte des rechtsextremen Treffens. In: Die Zeit. 17. Januar 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 17. Januar 2024]).