Hofrat – Wikipedia

Hofrat (Abkürzung: HR) war im Heiligen Römischen Reich (und später in seinen Nachfolgestaaten im Deutschen Bund) ein Funktionstitel. Heute bezeichnet Hofrat einen Amts- und Berufstitel in der Republik Österreich.

Heiliges Römisches Reich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Hofrat, Zwergengalerie Schloss Weikersheim

Der kaiserliche Hofrat war im Heiligen Römischen Reich die Bezeichnung für ein Gremium zur Beratung des Kaisers, das sich ab 1519 formierte. Es war eine über Regierung und Kammern stehende, direkt vom Kaiser bestimmte Instanz, bestehend aus der Herrenbank und der Ritter- und Gelehrtenbank. Als Reichshofrat wurde er nach der Verstetigung des Geheimen Rats 1527 und der Bildung des österreichischen Hofrats 1559 – neben dem Reichskammergericht in Wetzlar – vor allem als Gerichtshof für Reichssachen tätig. Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches im Jahr 1806 endete auch die Tätigkeit des Reichshofrats.

Ferdinand I. trennte 1559 einen eigenständigen österreichischen Hofrat für die Länder im österreichischen Reichskreis vom Reichshofrat ab, der im Zuge der zweiten Erbteilung 1564 wieder unterging.[1] Für die Länder der Böhmischen Krone und das Königreich Ungarn bestanden eigene Hofräte, die der Böhmischen bzw. Ungarischen Hofkanzlei vorstanden. Mit dem Erwerb Siebenbürgens kam der Siebenbürgische Hofrat hinzu. Hofrat war später auch Titel der Beisitzer der Hofkammer, des directorium in publicis et cameralibus, der obersten Justitzstelle und der Rechnungskammer.[2]

Diesen Hofstellen übergeordnet war der Geheime Rat (später die Geheime Konferenz und der Staatsrat). Parallel dazu bestand der Titel Kaiserlicher Rat – vermutlich primär ein Ehrentitel weiterer direkt vom Kaiser bestimmter Personen mit Hofzugang. Alle drei Titel überlebten 1806 in Österreich, aber nur der Hofrat auch nach 1918 im heutigen Österreich. Nach österreichischem Vorbild wurden in den Fürstentümern des Reiches Hofräte mit zwei Bänken als oberste Verwaltungs- und Justizstelle gebildet, teilweise unter Bezeichnungen wie Geheimer Rat, Kanzlei oder Regierung.[3]

Einer der bekanntesten Vertreter war der herzöglich Weimarer Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe. Friedrich Schiller trug den Titel eines Hofrats im Herzogtum Sachsen-Meiningen.

Österreich[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1850 wurde der Titel Hofrat durch Ministerialrat ersetzt.[4] Der in den Ministerien abgeschaffte Titel wurde 1873 jedoch als Amtstitel (Amtsbezeichnung) für leitende Beamte in nachgeordneten Dienststellen wieder eingeführt und auch als ehrende Auszeichnung („Berufstitel“) u. a. an Universitätsprofessoren und Gymnasialdirektoren verliehen.[5]

Der nichtakademische Titel Hofrat besteht auch nach dem Ende der Monarchie und damit des kaiserlichen Hofes sowie nach Errichtung der Zweiten Republik fort. Als Titel einer Person ist Hofrat immer noch entweder ein Amtstitel (eine Amtsbezeichnung) für Beamte der höchsten Dienstklassen im Bundes- oder Landesdienst oder ein vom Bundespräsidenten verliehener Berufstitel (Ehrentitel).

Amtstitel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rangabzeichen eines Hofrates bei den Sicherheitsbehörden

Die größte Gruppe von Titelträgern bilden höhere Beamte des Bundes, die ab einer bestimmten Verwendungsgruppe/Funktionsgruppe den Amtstitel Hofrat im Wege der Beförderung führen. Hofräte finden sich u. a. in den Finanzlandesdirektionen, in den leitenden Funktionen bei den Arbeitsinspektoraten und in den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und in der Universitätsverwaltung. Diesem Amtstitel Hofrat entspricht rangmäßig in einer „Zentralstelle“, d. i. einem Bundesministerium, sowie in der Präsidentschaftskanzlei, im Rechnungshof und in der Volksanwaltschaft der Amtstitel Ministerialrat, in der Parlamentsdirektion aber der Amtstitel Parlamentsrat, Titel von Bundesbeamten mit akademischer Laufbahn, die in Deutschland etwa den Amtsbezeichnungen eines Ministerialrates und Ministerialdirigenten bzw. eines Parlamentsrates entsprechen. Als leitende Konzeptsbeamte bei den österreichischen Sicherheitsbehörden sind die dortigen Hofräte die einzigen uniformierten Träger des Hofratstitels.

Hofrat i. R.

Die Berechtigung zur Führung des Amtstitels Hofrat in Österreich kann aufgrund der Möglichkeit, einem verdienstvollen Beamten anlässlich des Übertritts in den Ruhestand den nächsthöheren Amtstitel in seiner Besoldungsgruppe zu verleihen,[6] auch Beamten mit dem bisherigen Amtstitel „Oberrat“ verliehen werden (im Beamtenjargon auch „Grabsteinhofrat“ genannt). Allerdings muss von jedem Beamten des Ruhestandes seinem Amtstitel der Zusatz im Ruhestand (i. R.) hinzugefügt werden.[7]

Berufstitel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Berufstitel (Ehrentitel) kann der Hofratstitel vom österreichischen Bundespräsidenten auf Vorschlag des zuständigen Bundesministers auch Beamten, deren Laufbahnen diesen Titel nicht vorsehen (z. B. Richter, Direktoren der Höheren Schulen) verliehen werden (ein „Titularhofrat“ oder „Titularrat“ zum Unterschied vom ehemaligen Wirklichen Hofrat), und auch anderen Personen des öffentlichen Lebens kann das Staatsoberhaupt in Anerkennung ihrer Verdienste den Berufstitel als ehrende Berufsauszeichnung (im Volksmund „Society-Hofrat“) verleihen.[8]

Landes-Hofräte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Mehrzahl der österreichischen Bundesländer führen die akademischen Beamten der höchsten Dienstklassen in der Landesverwaltung ebenfalls den Amtstitel Hofrat, teilweise auch noch Wirklicher Hofrat („wirklich“ meint im Gegensatz zum bloßen Ehren- bzw. Berufstitel, dass der Inhaber tatsächlich auf eine „Planstelle“ der beiden höchsten Rangklassen VIII oder IX ernannt wurde). Im Bundesland Niederösterreich gibt es zusätzlich für Inhaber von „Planstellen“ der höchsten Rangklasse IX den Titel Vortragender Hofrat.

Höchstgerichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hofräte sind ferner auch die Berufsrichter der 17 Senate des Obersten Gerichtshofes[9] und die Mitglieder der 21 Senate des Verwaltungsgerichtshofes.[10] Sie führen indes als Richter weder einen Amts- noch einen Berufstitel „Hofrat“, sondern als Hofrat/Hofrätin des Obersten Gerichtshofs bzw. Hofrat/Hofrätin des Verwaltungsgerichtshofes eine Verwendungsbezeichnung, die sich, wird eines dieser Senatsmitglieder zum Senatspräsidenten, Vizepräsidenten oder Präsidenten bestellt, entsprechend zu Senatspräsident/in, Vizepräsident/in oder Präsident/in des Obersten Gerichtshofs bzw. Verwaltungsgerichtshofes ändert.[11] Die Mitglieder des dritten Höchstgerichtes, des Verfassungsgerichtshofes, werden hingegen einfach als „Mitglied des Verfassungsgerichtshofs“ bezeichnet.[12]

Bekannte Hofräte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Otto Hintze: Der österreichische Staatsrat im 16. und 17. Jahrhundert. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung. Band 8, Nr. 21, 1887, S. 145 (archive.org).
  2. Johann Georg Krünitz: Artikel Hof=Rath. In: Ökonomisch-technologische Enzyklopädie. 2. Auflage. Band 24. elektronische Ausgabe der Universitätsbibliothek Trier, 1790, S. 210–211 (uni-trier.de).
  3. Geschichte der Fronhöfe, der Bauernhöfe und der Hofverfassung in Deutschland von Georg Ludwig von Maurer. Enke, 1862, S. 147–152 (google.at [abgerufen am 5. April 2023]).
  4. Hofrat (Titel) im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  5. Eintrag zu Hofrat im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon).
  6. § 63 (5) Beamten-Dienstrechtsgesetz
  7. § 63 (6) BDG
  8. Vgl. Ex-GÖD-Vorsitzender Siegfried Dohr verstorben. derStandard.at, 12. September 2010.
  9. Oberster Gerichtshof und Generalprokuratur (Memento vom 18. Juni 2010 im Internet Archive)
  10. Österreichischer Verwaltungsgerichtshof: Die Mitglieder (Memento vom 9. Juni 2012 im Internet Archive).
  11. Vgl. aus der Biographie eines Verfassungsrichters: „1990 bis 2005 Hofrat, seit 2006 Senatspräsident des Verwaltungsgerichtshofes.“ Biographie von Rudolf Müller (Memento vom 22. Oktober 2016 im Internet Archive) im Webauftritt des VfGH.
  12. Vgl. Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter: Überblick. im Webauftritt des VfGH.