Hortus sanitatis – Wikipedia

Hortus sanitatis. Mainz 1491. Titelblatt

Hortus sanitatis oder Ortus sanitatis wird ein lateinisches Kräuterbuch genannt, das im Juni 1491 in Mainz von Jacob Meydenbach erstmals gedruckt wurde. Zusammen mit dem lateinischen Herbarius moguntinus (Druck: Peter Schöffer, 1484) und dem deutschen, von Johann Wonnecke von Kaub verfassten Gart der Gesundheit (Druck: Peter Schöffer, 1485[1]), welche als erfolgreiche Publikationen Meydenbach zur Anfertigung seines Werkes anregten, zählt der Hortus sanitatis zurGruppe der Mainzer Kräuterbuch-Inkunabeln.“

Da im Hortus sanitatis vor allem Arzneimittel pflanzlicher Herkunft („Kräuter“) und in geringerem Umfang Arzneimittel animalischer und mineralischer Herkunft beschrieben werden, wird das Werk der literarischen Gattung „Kräuterbuch“ zugeordnet.[2]

Autor[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Autor (Kompilator) ist unbekannt. Gelegentlich wird fälschlicherweise Johann Wonnecke von Kaub als Autor benannt.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Text ist zweispaltig gesetzt.

Er ist aufgeteilt in fünf Abschnitte, in denen die zur Therapie verwendeten Simplicia beschrieben werden:

  1. De Herbis mit 530 Kapiteln über Kräuter.
  2. De Animalibus mit 164 Kapiteln über Landtiere (1. Kapitel: De homo).
  3. De Avibus mit 122 Kapiteln über Vögel und andere flugfähige Tiere.
  4. De Piscibus mit 106 Kapiteln über Wassertiere.
  5. De Lapidibus mit 144 Kapiteln über Halbedelsteine, Erze und Mineralien.
Den Abschluss bilden eine Abhandlung über Harnschau und mehrere ausführliche Register.

Jedes Kapitel wird mit einer Abbildung eingeleitet. Der Text enthält eine allgemeine Beschreibung des jeweiligen Simpliciums und eine Aufzählung der „operationes“ genannten Wirkungen.

Die im Abschnitt „De Herbis“ aufgeführten pflanzlichen Simplicia wurden von B. und H. Baumann (2010, S. 205–222) nach aktueller Nomenklatur bestimmt.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hortus sanitatis. Mainz 1491, Buch I, Kapitel 39: Arthemisia

Der Kompilator hat den Hortus sanitatis nach bekannten mittelalterlichen Enzyklopädien zusammengestellt, etwa nach dem Liber pandectarum medicinae omnia medicine simplicia continens des Matthaeus Silvaticus (14. Jh.) und nach dem Speculum naturale des Vinzenz von Beauvais (13. Jh.)[3][4][5]

Der den Hortus sanitatis abschließende Harnschau-Text wurde einer Harnlehre entlehnt, die unter den Autorennamen Zacharias de Feltris oder Bartholomäus von Montagna in zahlreichen Manuskripten umlief.[6][7]

Eine 1477 angefertigte lateinische Handschrift, in welcher der Textkern des Hortus sanitatis bereits enthalten ist, wurde zunächst als mögliche Vorlage für den Druck angesehen, aber schließlich als selbständige Abschrift einer lateinischen Circa-instans-Handschrift erkannt. Ihre Entstehungszeit wird auf die Zeit von 1450 bis 1477 geschätzt.[8][9]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1534 verfasste Stephan Falimirz (auch Stefan Falimierz) eine Kompilation „Über die Kräuter“ aus dem Mainzer Ortus sanitatis von 1491 und einem Passauer Herbarius cum synonimis Germanicis aus dem Jahr 1485.[10]

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Inkunabeln (Drucke des 15. Jh.)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Mainz. Jacob Meydenbach (23. Juni) 1491[11]
  • Straßburg. Anonym 1496
  • Straßburg. Anonym 1497[12][13]
  • Straßburg. Anonym 1500 (Johann Prüß der Ältere?)[14]
  • Paris. Vérard 1500

Frühdrucke (16. Jahrhundert)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Straßburg nach 1500[15]
Mit Holzschnitten aus der Werkstatt von Hans Grüninger.
  • Venedig (Bernhardinus Benalius und Johannes de Cereto de Tridino) 1511
4. Nachdruck: Venedig 1611; Neudruck (in zwei Bänden) Würzburg 1978.

Abschnitte zwei bis fünf des Hortus sanitatis. Latein. Ohne Abschnitt eins „De herbis“.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abschnitte zwei bis fünf des Hortus sanitatis Deutsch. Ohne Abschnitt eins „De herbis“.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Straßburg 1529. Hans Grüninger. Ortus Sanitatis : gart der gesuntheit[18]
  • Straßburg 1529. Balthasar Beck. Gart der gesuntheit. Zu latin Ortus sanitatis …[19]
  • Straßburg 1536. Mathias Apiarius. Gart der gesuntheit Zů latein Hortus sanitatis…[20]
  • Frankfurt 1556. Hermann Gülfferich. Gart der Gesundtheyt zu Latein Hortus sanitatis …[21]

Abbildungen (Auswahl). Ausgabe Mainz 1491.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle:[22]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Brigitte Baumann, Helmut Baumann: Die Mainzer Kräuterbuch-Inkunabeln – „Herbarius Moguntinus“ (1484) – „Gart der Gesundheit“ (1485) – „Hortus Sanitatis“ (1491). Wissenschaftshistorische Untersuchung der drei Prototypen botanisch-medizinischer Literatur des Spätmittelalters. Hiersemann, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-7772-1020-9.
  • Hermann Fischer: Mittelalterliche Pflanzenkunde. Verlag der Münchner Drucke, München 1929, S. 94–104.
  • Gundolf Keil: Hortus sanitatis. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 4, Sp. 154–164.
  • Gundolf Keil: ‚Hortus sanitatis‘. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 618 f.
  • Gundolf Keil: Hortus Sanitatis, Gart der Gesundheit, Gaerde der Sunthede. In: Elisabeth B. MacDougall (Hrsg.): Medieval Gardens. (= Dumbarton Oaks Colloquium on the history of landscape architecture. Band 9). Washington, D.C. 1986.
  • Arnold C. Klebs: Herbal facts and thoughts. L’art ancien S. A., Lugano 1925.
  • Arnold C. Klebs: Incunabula scientifica et medica. Brügge 1938 (Nachdruck Olms, Hildesheim 2004), S. 172.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ortus sanitatis uff teutsch ein gart der gesuntheit. Peter Schöffer, Mainz 1485; Neudruck München 1966.
  2. Gundolf Keil, Peter Dilg: Kräuterbücher. In: Lexikon des Mittelalters. Metzler, Stuttgart 1999, Band 5, Sp. 1476–1480.
  3. Matthaeus (Silvaticus) Moretus. Liber pandectarum medicinae omnia medicine simplicia continens. Bologna 1474 Bayerische Staatsbibliothek Matthaeus (Silvaticus) Moretus. Liber pandectarum medicinae. Straßburg ca. 1480 (Digitalisat)
  4. Vincentius. Speculum naturale. Straßburg 1481. Band I Bayerische Staatsbibliothek Band II (Digitalisat)
  5. Brigitte Baumann, Helmut Baumann: Die Mainzer Kräuterbuch-Inkunabeln – „Herbarius Moguntinus“ (1484) – „Gart der Gesundheit“ (1485) – „Hortus Sanitatis“ (1491). Wissenschaftshistorische Untersuchung der drei Prototypen botanisch-medizinischer Literatur des Spätmittelalters. Hiersemann, Stuttgart 2010, S. 182.
  6. Bartolomeo Montagna war ein 1460 gestorbener Medizinprofessor in Bologna und Padua. Vgl. Gundolf Keil: Montagna(na), Bartolomeo. In: Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 1006.
  7. Gundolf Keil: ‚Hortus sanitatis‘. In: Enzyklopädie Medizingeschichte. 2005, S. 618.
  8. Jacques Rosenthal. Bibliotheca medii aevi manuscripta. Pars altera. Einhundert Handschriften des Mittelalters vom zehnten bis zum fünfzehnten Jahrhundert. Katalog 90. München 1928. Darin: Ernst Schulz. S. V–VI: Vorwort (Digitalisat) und S. 53–56 (No 146): Manuskriptbeschreibung (Digitalisat)
  9. Brigitte Baumann, Helmut Baumann: Die Mainzer Kräuterbuch-Inkunabeln – „Herbarius Moguntinus“ (1484) – „Gart der Gesundheit“ (1485) – „Hortus Sanitatis“ (1491). Wissenschaftshistorische Untersuchung der drei Prototypen botanisch-medizinischer Literatur des Spätmittelalters. Hiersemann, Stuttgart 2010, S. 182.
  10. Friedrich v. Zglinicki: Die Uroskopie in der bildenden Kunst. Eine kunst- und medizinhistorische Untersuchung über die Harnschau. Ernst Giebeler, Darmstadt 1982, ISBN 3-921956-24-2, S. 73.
  11. Mainz. Jacob Meydenbach 1491 (Digitalisat)
  12. Straßburg. Anonym 1497 (Digitalisat)
  13. Mit Holzschnitten aus der Werkstatt von Hans Grüninger, die auch zur Illustration des Kleinen Destillierbuchs verwendet wurden. Siehe dazu: Brigitte, Helmut Baumann: Die Mainzer Kräuterbuch-Inkunabeln. Hiersemann, Stuttgart 2010, S. 238–239. F. v. Zglinicki glaubte diesen Druck der Werkstatt von Johann Prüss (1447–1510) zuordnen zu können. (Friedrich v. Zglinicki: Die Uroskopie in der bildenden Kunst. Eine kunst- und medizinhistorische Untersuchung über die Harnschau. Ernst Giebeler, Darmstadt 1982, ISBN 3-921956-24-2, S. 60 f.)
  14. Straßburg, Anonym, ca. 1500 (Digitalisat)
  15. Straßburg nach 1500 (Digitalisat)
  16. Straßburg 1517 (Digitalisat)
  17. Straßburg. Apiarius 1536 (Digitalisat)
  18. Straßburg 1529. Hans Grüninger. Ortus Sanitatis : gart der gesuntheit … (Digitalisat)
  19. Straßburg 1529. Balthasar Beck. Gart der gesuntheit. zu latin Ortus sanitatis … (Digitalisat)
  20. Straßburg 1536. Mathias Apiarius. Gart der gesuntheit Zů latein … (Digitalisat)
  21. Frankfurt 1556. Hermann Gülfferich. Gart der Gesundtheyt Zu Latein … (Digitalisat)
  22. Mainz. Jacob Meydenbach 1491 (Digitalisat)