Ichnusait – Wikipedia

Ichnusait
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2013-087[1]

IMA-Symbol

Ich[2]

Chemische Formel Th[MoO4]2·3H2O[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)

VI/G.04-025
Ähnliche Minerale Nuragheit
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/c (Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14
Gitterparameter a = 9,6797 Å; b = 10,3771 Å; c = 9,3782 Å
β = 90,00(1)°[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte nicht definiert
Dichte (g/cm3) berechnet: 4,262
Spaltbarkeit vollkommen nach {100}[3]
Bruch; Tenazität spröde
Farbe farblos, weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Diamantglanz, Perlglanz
Radioaktivität radioaktiv

Ichnusait (IMA-Symbol Ich[2]) ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ mit der chemischen Zusammensetzung Th[MoO4]2·3H2O[3] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Thorium-Molybdat. Ichnusait ist zudem der erste Fund eines natürlich gebildeten Thorium-Molybdats weltweit.

Ichnusait kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, konnte jedoch bisher nur in Form mikroskopisch kleiner, tafeliger Kristalle von maximal 200 μm Länge entdeckt werden. Die Kristalle sind farblos und durchsichtig mit diamantähnlichem Glanz auf den Oberflächen. In Form von blättrigen Mineral-Aggregaten erscheint das Mineral auch weiß mit perlmuttähnlichem Glanz.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ichnusait wurde zusammen mit Nuragheit (Th[MoO4]2·H2O)[4] eher zufällig bei einem Routinecheck von Mineralproben aus einem Versuchsabbau einer Molybdän-Bismut-Erzlagerstätte in der Mine von Punta de su Seinargiu (auch Su Seinargiu, 39° 4′ 53″ N, 8° 58′ 37″ O) entdeckt, die sich im unbewohnten westlichen Teil des Gemeindegebiets von Sarroch auf der italienischen Insel Sardinien befindet. Bei einer qualitativen EDS-Analyse fiel bei einigen Kristallen auf, dass diese nur Thorium und Molybdän enthielten. Da natürliche Thorium-Molybdate bisher unbekannt waren, bemühte sich ein Team von Mineralogen, bestehend aus Paolo Orlandi, Cristian Biagioni, Luca Bindi und Fabrizio Nestola, die neue Verbindung vollständig zu analysieren. Anhand zweier besonders reiner Körner des Minerals ließen sich schließlich Chemismus und Kristallstruktur des Minerals bestimmen.

Den Namen für das neue Mineral entlehnte das Mineralogenteam der alten griechischen Bezeichnung Ιχνουσσα [ichnusa] für die Insel Sardinien. Die vollständige Mineralbeschreibung und der gewählte Name wurde bei der International Mineralogical Association (IMA) zur Prüfung eingereicht (Eingangs-Nr. der IMA: 2013-087) und im selben Jahr anerkannt.

Das Typmaterial des Minerals wird in der Sammlung im Museo di Storia Naturale der Universität Pisa in Italien unter der Katalog-Nr. 19679 aufbewahrt.

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ichnusait wurde erst 2013 als eigenständiges Mineral von der IMA anerkannt und publiziert. Eine genaue Gruppen-Zuordnung in der 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik, deren letzte Aktualisierung mit der Veröffentlichung der IMA-Liste der Mineralnamen 2009 vorgenommen wurde,[5] ist daher bisher nicht bekannt. Aufgrund seiner chemischen Identität als Molybdat, das mit den Sulfaten verwandt ist, kann angenommen werden, dass das Mineral innerhalb der Abteilung 7.G Molybdate und Wolframate innerhalb der Klasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ eingeordnet werden wird.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen allerdings noch nach der alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/G.04-25. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ und dort der Abteilung „Molybdate [MoO4]2− und Wolframate [WO4]2−, Polywolframate“, wo Ichnusait zusammen mit Nuragheit und Sedovit die unbenannte Gruppe VI/G.04 bildet.[6]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ichnusait kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/c (Raumgruppen-Nr. 14)Vorlage:Raumgruppe/14 mit den Gitterparametern a = 9,6797(12) Å; b = 10,3771(13) Å; c = 9,3782(12) Å und β = 90,00(1)° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Mineral ist durch seinen Thoriumgehalt von bis zu 38,29 % radioaktiv.

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ichnusait bildete sich wahrscheinlich durch Umwandlung von Molybdäniterzen unter basischen Bedingungen. Er fand sich innig verwachsen mit dem ebenfalls erstmals in der Mine von Punta de su Seinargiu entdeckten und eng verwandten Nuragheit in Drusen von Quarzadern. Als weitere Begleitminerale traten Muskovit und teilweise korrodierter Xenotim-(Y) auf.

Ichnusait und Nuragheit konnten bisher nur an ihrer Typlokalität Punta de Su Seinargiu auf Sardinien entdeckt werden.[7] Neben den bereits genannten Mineralen ist die Mine auch noch Typlokalität für Sardignait (2008), Gelosait und Tancait-(Ce) (2009), Mambertiit (2013) sowie Suseinargiuit (2014).[8]

Vorsichtsmaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund der ionisierenden Strahlung sollten Mineralproben vom Ichnusait nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Mundschutz und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • P. A. Williams, F. Hatert, Marco Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) – Newsletter 18. In: Mineralogical Magazine pp. 32493258. Band 77, Nr. 8, Dezember 2013, S. 3249–3258, Ichnusaite (IMA 2013-087), S. 7 (englisch, rruff.info [PDF; 171 kB; abgerufen am 17. November 2022]).
  • Paolo Orlandi, Cristian Biagioni, Luca Bindi, Fabrizio Nestola: Ichnusaite, Th(MoO4)2·3H2O, the first natural thorium molybdate: Occurrence, description, and crystal structure. In: American Mineralogist. Band 99, 2014, S. 2089–2094 (englisch, researchgate.net [abgerufen am 17. November 2022]).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 1. Februar 2023 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 17. November 2022]).
  3. a b c d Paolo Orlandi, Cristian Biagioni, Luca Bindi, Fabrizio Nestola: Ichnusaite, Th(MoO4)2·3H2O, the first natural thorium molybdate: Occurrence, description, and crystal structure. In: American Mineralogist. Band 99, 2014, S. 2089–2094 (englisch, researchgate.net [abgerufen am 17. November 2022]).
  4. P. A. Williams, F. Hatert, Marco Pasero, S. J. Mills: IMA Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) – Newsletter 18. In: Mineralogical Magazine pp. 32493258. Band 77, Nr. 8, Dezember 2013, S. 3249–3258, Ichnusaite (IMA 2013-087), S. 7 (englisch, rruff.info [PDF; 171 kB; abgerufen am 17. November 2022]).
  5. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 17. November 2022 (englisch).
  6. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. Fundortliste für Ichnusait beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 17. November 2022.
  8. Typlokalität „Su Senargiu Mine“ beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 17. November 2022.

Koordinaten: 39° 4′ 53″ N, 8° 58′ 37″ O