Important Project of Common European Interest – Wikipedia

Die Important Projects of Common European Interest (IPCEI) sind strategische Förderprojekte mehrerer Mitgliedsstaaten der Europäischen Union mit denen entweder bahnbrechende Innovationen oder Infrastruktur gefördert werden können. Wie alle staatlichen Beihilfen müssen IPCEIs von der EU-Kommission genehmigt werden. Federführend ist insofern die Generaldirektion Wettbewerb (DG COMP). Eine wichtige Koordinatorenrolle kommt der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (DG GROW) zu.

IPCEIs zeichnen sich aus durch:

• sehr hohes Innovationslevel („bahnbrechend“) oder Infrastrukturförderung (z. B. Wasserstoffinfrastruktur bei IPCEI Hy2Tech^[1])
• Förderung durch regelmäßig mindestens vier Mitgliedsstaaten
• Spill-Over-Effekte zugunsten anderer Unternehmen (z. B. durch Open Source)

Der IPCEI-Begriff stammt aus dem EU-Beihilferecht. Er erlaubt der Kommission, staatliche Beihilfen an Unternehmen zu genehmigen. Bereits der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) verwendete den Begriff in Art. 92 Abs. 3 Buchstabe b (entspricht heute Art. 107 Abs. 3 Buchstabe b AEUV).

Die Kommission regelte bis 2014 die Leitlinien zur Genehmigung von IPCEI in verschiedenen Texten (Nachweise in Randnummer 6 der IPCEI-Mitteilung von 2014). 2014 wurden diese in einer eigenen IPCEI-Mitteilung zusammengeführt.^[2] Ebenfalls 2014 erfolgte die erste Genehmigung eines IPCEI, und zwar bezüglich der Öresundbrücke, die zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits gebaut war.^[3] Die 2015 erfolgte IPCEI-Genehmigung für den Fehmarnbelttunnel führte zu umfangreichen Streitigkeiten vor EuG und EuGH und wurde darum erst 2020 rechtskräftig.^[4]

Das 2018 geschaffene Strategic Forum for IPCEI koordinierte die Einrichtung der Projekte. Es sollte die Kommission bei einer „gemeinsamen Vision der zentralen Wertschöpfungsketten Europas“ unterstützen, Vereinbarungen für gemeinsame Investitionen in die identifizierten Bereiche forcieren und die Kooperation zwischen öffentlichen Einrichtungen und sonstigen Stakeholdern der EU-Mitgliedstaaten befördern.^[5] 2023 wurde das dem Strategic Forum ähnliche Joint European Forum for IPCEI (JEF-IPCEI) geschaffen.^[6]

Oft werden mehrere IPCEIs von der EU-Kommission zum selben Thema genehmigt. So gibt es etwa für den Wasserstoffbereich Hy2Tech, Hy2Use, Hy2Infra und Hy2Move. Diese Aufsplittung in sogenannte „Wellen“ (engl. Waves) erlaubt zum einen eine zügigere Bearbeitung der ersten Projekte (bsp. Summer IPCEI Batteries und Autumn IPCEI Batteries). Zum anderen kann so rechtlich unterschieden werden zwischen IPCEIs, welche mit ihrer (sehr hohen) Innovation begründet werden und solchen, die als Infrastrukturförderung begründet werden.

2018 erfolgte die Genehmigung des (ersten) IPCEI on Microelectronics^[7] mit Beteiligung von Deutschland, Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich^[8] und nachträglichem Eintritt von Österreich^[9]. 2019 erfolgte die Genehmigung der ersten Welle des IPCEI on Batteries, dem sogenannten Summer IPCEI Batteries, mit Beteiligung von Deutschland, Frankreich, Italien, Polen Belgien, Finnland und Schweden.^[10] 2021 erfolgte die Genehmigung der zweiten Wellte des IPCEI on Batteries, dem Autumn IPCEI Batteries bzw. EuBatIn mit Beteiligung von zwölf Staaten.^[11] 2021 wurde die IPCEI-Mitteilung 2014 ersetzt durch die heutige IPCEI-Mitteilung.^[12] 2022 begann die Genehmigung der vier „Wellen“ des IPCEI Hydrogen mit Hy2Tech (15 Staaten beteiligt)^[13] und Hy2Use (13 Staaten beteiligt)^[14] gefolgt 2024 von Hy2Infra und Hy2Move (sieben Staaten beteiligt)^[15]. 2023 wurde außerdem Next Generation Cloud Infrastructure and Services IPCEI-CIS^[16] genehmigt, welches mittlerweile in 8ra aufgegangen ist. 2024 wurde IPCEI Med4Cure als erster Teil eines IPCEI Health genehmigt.^[17]

Enrico Letta sah in seinem Bericht zum Binnenmarkt 2024 (Seite 40) IPCEIs als „Blaupause“ (engl. blueprint) für eine europäische Industriepolitik.^[18] Mario Draghi machte in seinem Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU 2024 umfangreiche Vorschläge für neue IPCEIs.^[19]

• Technologiesouveränität
• Joint European Disruptive Initiative (JEDI)
• Bundesagentur für Sprunginnovationen (SprinD)

• Bisher veröffentlichten IPCEI-Genehmigungen (bei Art. 107(3)(b) TFEU - project of common interest)

1. ↑ Europäische Kommission: Important Project of Common European Interest on Hydrogen Industry (Hy2Use). In: competition-cases.ec.europa.eu. Europäische Kommission, 26. August 2022, abgerufen am 9. März 2025 (englisch). 
2. ↑ Mitteilung der Kommission — Kriterien für die Würdigung der Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse mit dem Binnenmarkt. 2014 (europa.eu [abgerufen am 9. März 2025]). 
3. ↑ Europäische Kommission: State aids SA.36558 (2014/NN) and SA.38371 (2014/NN) – Denmark State aid SA.36662 (2014/NN) - Sweden Aid granted to Øresundsbro Konsortiet. In: competition-cases.ec.europa.eu. Europäische Kommision, 15. Oktober 2014, abgerufen am 9. März 1015 (englisch). 
4. ↑ Europäische Kommission: beihilferechtliche Genehmigung zum Fehmarnbelttunnel. In: competition-cases.ec.europa.eu. Europäische Union, abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
5. ↑ Strategic Forum for Important Projects of Common European Interest (IPCEI) (Strategic Forum for IPCEI). In: EU Monitor. PDC, abgerufen am 10. Februar 2021 (englisch). 
6. ↑ Joint European Forum for IPCEI (JEF-IPCEI), auf competition-policy.ec.europa.eu
7. ↑ About the IPCEI, auf ipcei-me.eu
8. ↑ Europäische Kommission: State Aid SA.46578 (2018/N) – Germany State Aid SA.46705 (2018/N) – France State Aid SA.46595 (2018/N) – Italy State Aid SA.46590 (2018/N) - United Kingdom Important Project of Common European Interest (IPCEI) Microelectronics. In: competition-cases.ec.europa.eu. Europäische Kommission, 13. Dezember 2018, abgerufen am 9. März 2025 (englisch). 
9. ↑ Europäische Kommission: Austria joining the IPCEI Microelectronics 2018. In: competition-cases.ec.europa.eu. Abgerufen am 15. März 2015 (englisch). 
10. ↑ Batteries value chain - European Commission. Abgerufen am 9. März 2025 (englisch). 
11. ↑ Europäische Kommission: Important Project of Common European Interest on European Battery Innovation (EuBatIn). In: competition-cases.ec.europa.eu. Abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
12. ↑ Mitteilung der Kommission Kriterien für die Würdigung der Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse mit dem Binnenmarkt 2021/C 528/02. 2021 (europa.eu [abgerufen am 9. März 2025]). 
13. ↑ Europäische Kommission: IPCEI Hydrogen Technology - Hy2Tech. In: competition-cases.ec.europa.eu. Abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
14. ↑ Europäische Kommission: IPCEI Hydrogen – Hy2Use. In: competition-cases.ec.europa.eu. Abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
15. ↑ Europäische Kommission: IPCEI Hydrogen Mobility and Transport - Hy2Move. In: competition-cases.ec.europa.eu. Abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
16. ↑ Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz u. a.: Important Project of Common European Interest Next Generation Cloud Infrastructure and Services IPCEI-CIS. In: bmwk.de. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 21. März 2024, abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
17. ↑ Health - European Commission. Abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
18. ↑ Enrico Letta: Much more than a market – Speed, Security, Solidarity Empowering the Single Market to deliver a sustainable future and prosperity for all EU Citizens. In: consilium.europa.eu. Rat der Europäischen Union, April 2024, abgerufen am 15. März 2025 (englisch). 
19. ↑ Mario Draghi: The future of European competitiveness Part B | In-depth analysis and recommendations. In: commission.europa.eu. Europäische Kommission, September 2024, abgerufen am 15. März 2025 (englisch).