Johannes XXI. – Wikipedia

Wappen von Johannes XXI.

Johannes XXI. (ursprünglich Petrus Juliani, Petrus Hispanus, Pedro Julião oder Peter Rebuli-Giuliani; * um 1205 in Lissabon; † 20. Mai 1277 in Viterbo) war ein portugiesischer Arzt, Verfasser medizinischer Schriften, Diakon und Erzdiakon. Vom 15. September des Vierpäpstejahres 1276 bis zu seinem Tode am 20. Mai 1277 war er Papst der römisch-katholischen Kirche. Die Zählung von Johannes XXI. als einundzwanzigstem Papst dieses Namens geht zurück auf einen mittelalterlichen Fehler, siehe dazu Johannes XX. Er ist bis heute der einzige Portugiese im Papstamt.

Ausbildung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pedro Julião (latinisiert Petrus Julianus) war Sohn eines wohlhabenden portugiesischen Arztes und Apothekers.

Seine erste Ausbildung erhielt er an Schulen in Lissabon und León. Dann wechselte er an die Universität in Paris (Sorbonne), wo er im Rahmen eines studium generale Logik, Dialektik sowie Naturkunde[1] unter anderem bei Albertus Magnus studierte. 1245 erwarb er den Magister in Philosophie und in Medizin. Anschließend begab er sich nach Süditalien, wo er seine medizinischen Kenntnisse in Salerno und Palermo vertiefte und aufgrund guter Kontakte zum Hof Friedrichs II. zum professor artis medicinae ernannt wurde. Seit 1247 lehrte er als Physicus am neu gegründeten Studium Generale von Siena. In dieser Zeit entstanden wahrscheinlich die meisten seiner medizinischen Schriften.

Namensseite der Bulle Johannes’ XXI., 1276
Thesaurus pauperum

Seine wirtschaftliche Lage in Siena soll ungünstig gewesen sein. Seine Wohnung lag im Armenviertel, wo er auch die Anregung zu seinem damals bekanntesten Werk Thesaurus pauperum („Schatzkammer der Armen“)[2] bekam. Dabei handelte es sich um eine umfassende Rezeptsammlung („Arzneischatz“), abgestimmt auf die Möglichkeiten der Unbegüterten. Er schrieb unter anderem über Augenheilkunde und Chirurgie,[3] über die Seelenlehre und die Funktion des Herzens, über Schwangerschaftsabbruch und Empfängnisverhütung. Als Referenz für ein harnsteinlösendes Pulver[4] nennt er aber auch Vertreter der Oberschicht wie den Papst Eugen III. Der Thesaurus pauperum wurde unter anderem im 14. Jahrhundert durch den flämischen Arzt Jan Yperman[5] als Quelle seiner internistischen und chirurgischen Werke[6] benutzt.

Oft werden ihm auch Schriften zur Philosophie und Logik zugeschrieben, vor allem die Summulae logicales, die populärste mittelalterliche Einführung in die Logik. Diese Zuschreibung ist aber problematisch, weil die Identifizierung von Johannes XXI. mit dem Logiker Petrus Hispanus nicht gesichert und umstritten ist.[7]

Die weitere Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1250 war er als Diakon von Lissabon, Erzdiakon von Vermoim und Prior von Santa Maria zu Guimarães vor allem in Portugal tätig. Um das Jahr 1260 ernannte Ottobuono Fieschi, Conte di Lavagna, der spätere Papst Hadrian V., den Medizinprofessor zu seinem Leibarzt. Von diesem warb ihn Papst Gregor X. 1271[8] als Archiater (Hof- und Leibarzt) ab.

Petrus wurde 1273 Erzbischof von Braga und Kardinalbischof von Tusculum. Er war 1274 Teilnehmer am zweiten Konzil von Lyon. Am 8. September 1276 wurde der inzwischen etwa 60-jährige im Konklave in Viterbo nach heftigen Diskussionen zum Papst gewählt und nannte sich Johannes XXI. Dabei gab der Einfluss des Kardinals Giovanni Gaetano Orsini den Ausschlag zugunsten seiner Wahl.

Seine Projekte als Papst[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johannes XXI. residierte ausschließlich in Viterbo. Sein Pontifikat dauerte nicht einmal neun Monate und doch begann er große Vorhaben. Er bemühte sich um Frieden zwischen Philipp III. von Frankreich und Alfons X. von Kastilien. Er war um den Erhalt der Union mit der orthodoxen Kirche von 1274 bemüht. Auch versuchte er erfolglos, einen Kreuzzug zu initiieren. Daneben gab er Anregungen zur Studienreform an den Universitäten, förderte Stipendien für besonders begabte Studenten und nahm seine eigenen Studien wieder auf. Dazu ließ er an die Rückseite des Papstpalastes in Viterbo eine Privatbibliothek anbauen.

Auch während der Amtszeit Johannes’ XXI., der als Arzt selbst auch naturwissenschaftliche und medizinische Texte, insbesondere zur Optik und zur Augenheilkunde,[9] verfasst hatte, wirkten – wie schon unter Urban IV. und Clemens IV. – an der päpstlichen Kurie bedeutende Philosophen, Naturwissenschaftler und Mediziner.[10]

Am 14. Mai 1277 wurde Johannes XXI. in seiner Bibliothek von herabstürzendem Gemäuer des Palastes zu Viterbo verschüttet und starb sechs Tage später an seinen schweren Verletzungen. Das Grabmal Johannes’ XXI. befindet sich in der Kathedrale San Lorenzo in Viterbo.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tractatus duodecim Petri Hispani von Breda, Deventer 1528 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf).
  • Maria Helena da Rocha Pereira (Hrsg.): Obras médicas de Pedro Hispano. Coimbra 1973 (= Acta universitatis conimbrigensis.)
  • Luís de Pina, Maria Helena da Rocha Pereira (Hrsg.): Thesaurus pauperum atribudo a Pedro Hispano: Texto latino com traducao et notas. Porto 1954–1958 (= Studium Generale. Boletim do Centro de Estudos Humanisticos, anexo a universidade do Porto, Band I, S. III–XXIX und 161–299; Band II, S. 182–247; Band III, S. 68–173 und 310–349; Band IV, S. 54–119 und 120–139; Band V, S. 255–283).
    • Thesaurus Pauperum di messer Pietro Hispano. Neuauflage Venedig 1533.
  • Liber de oculo, sive de morbis oculorum[11][12] (um 1250),[13] genannt auch Breviarium magistri petri yspani de egritudinibus oculorum et curis.[14] – möglicherweise eine Zusammenstellung mit Rezepten eines Salernitaners namens Zacharias, der die Augenheilkunde bei einem Theophilus erlernt und die Schrift liber oculorum, qui vocatur sisilacera, id est secreta secretorum verfasst haben soll, und von Constantinus Africanus.[15]
  • Karl Sudhoff (Hrsg.): Kurze Diätetik für Verwundete. In: Karl Sudhoff: Beiträge zur Geschichte der Chirurgie im Mittelalter. 2 Bände. Leipzig 1914–1918 (= Studien zur Geschichte der Medizin. Band 10–11/12), Band 2, S. 395–398 (von Petrus Hispanus um 1250 verfasst).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • José Francisco Meirinhos: Giovanni XXI. In: Massimo Bray (Hrsg.): Enciclopedia dei Papi. Band 2: Niccolò I, santo, Sisto IV. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2000 (treccani.it).
  • José Francisco Meirinhos: Giovanni XXI, papa. In: Mario Caravale (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 55: Ginammi–Giovanni da Crema. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2000, leicht modifiziert gegenüber der Enciclopedia dei Papi.
  • Jean Claude Bologne: La Naissance Interdite; Stérilité, avortement, contraception au Moyen-Age. Orban, Paris 1988, ISBN 2-85565-434-3.
  • Michael Hanst: Johannes XXI. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 3, Bautz, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-035-2, Sp. 224–228.
  • Joachim Telle: Petrus Hispanus in der altdeutschen Medizinliteratur. Untersuchungen und Texte unter besonderer Berücksichtigung des ‚Thesaurus pauperum‘. 2 Bände. Philosophische Dissertation Heidelberg 1972.
  • Joachim Telle: Petrus Hispanus (Petrus Juliani, Papst Johannes XXI.). In: Verfasserlexikon. 2. Auflage. Band 7, 1989, Sp. 504–511.
  • Theologische Realenzyklopädie. Band 3, Sp. 790; Band 4, Sp. 718; Band 9, Sp. 251; Band 27, Sp. 62; Band 31, Sp. 477.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ioannes XXI – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Literatur von und über Johannes XXI. im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Werke von und über Johannes XXI. in der Deutschen Digitalen Bibliothek
  • J. P. Kirsch: Pope John XXI (XX). In: The Catholic Encyclopedia. Bd. VIII, 1910; (englisch).
  • Salvino Leone: John XXI: The physician who became pope. In: club.fr. Archiviert vom Original am 23. Juni 2008; (englisch).
  • Joke Spruyt: Peter of Spain. In: Stanford Encyclopedia of Philosophy. 25. September 2019; (englisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heinrich Schipperges: Petrus Hispanus. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1131.
  2. Gundolf Keil: Thesaurus pauperum. In: Verfasserlexikon. 2. Auflage, 1995, Band 9.
  3. Gundolf Keil: „blutken – bloedekijn“. Anmerkungen zur Ätiologie der Hyposphagma-Genese im ‚Pommersfelder schlesischen Augenbüchlein‘ (1. Drittel des 15. Jahrhunderts). Mit einer Übersicht über die augenheilkundlichen Texte des deutschen Mittelalters. In: Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 8/9, 2012/2013, S. 7–175, hier: S. 9 und 43.
  4. Kapitel 31, $ 34, in: Maria Helena da Rocha Pereira (1973), S. 225.
  5. Gundolf Keil: „dits die beste raet die icker toe can gegeuen genomen vte platearise“. Quellenkundliche Anmerkungen zu Ypermans Medicine. In: Geneeskunde in nederlandstalige teksten tot 1600. Koninklijke Academie voor Geneeskunde van België, Brüssel 2012 (2013), ISBN 978-90-75273-29-8, S. 93–137; hier: S. 127–136.
  6. Gundolf Keil (2012), S. 133 f.
  7. Ángel d’Ors: Petrus Hispanus O. P., Auctor Summularum (I). In: Vivarium. Band 35, Nr. 1, 1997, S. 21–71.
    Ángel d’Ors: Petrus Hispanus O.P., Auctor Summularum (II): Further documents and problems. In: Vivarium. Band 39, Nr. 2, 2001, S. 209–254.
    Ángel d’Ors: Petrus Hispanus O.P., Auctor Summularum (III). “Petrus Alfonsi” or “Petrus Ferrandi”? In: Vivarium. Band 41, Nr. 2, 2004, S. 249–303.
    Der erste dieser Beiträge erschien auch in spanischer Übersetzung in Dicenda. Nr. 19, 2001, S. 243–291 (Online-Version).
  8. Friedrich v. Zglinicki: Die Uroskopie in der bildenden Kunst. Eine kunst- und medizinhistorische Untersuchung über die Harnschau. Ernst Giebeler, Darmstadt 1982, ISBN 3-921956-24-2, S. 66.
  9. Wolfgang Münchow: Geschichte der Augenheilkunde. In: Der Augenarzt, IX, Karl Velhagen (Hrsg.), 3. Auflage. Stuttgart 1984, insbesondere S. 175 f.
  10. Klaus Bergdolt: Scholastische Medizin und Naturwissenschaft an der päpstlichen Kurie im ausgehenden 13. Jahrhundert. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 7, 1989, S. 155–168.
  11. Albrecht Maria Berger: Die Ophthalmologie des Petrus Hispanus (Liber de oculo), Petrus von Lissabon, später Papst Johannes XXI., nach Münchner, Florentiner, Pariser, Römer lat. Codices zum ersten Male hrsg., übersetzt und erläutert. Verlag Lehmann, München 1899 (Digitalisat).
  12. Liber de oculo, sive de morbis oculorum von Petrus Hispanus Portugalensis. In: Alcuin: Infothek der Scholastik. Abgerufen am 20. März 2022.
  13. Gundolf Keil (2012/13), S. 9.
  14. Vgl. Albrecht Maria Berger, S. II.
  15. Carl Hans Sasse: Geschichte der Augenheilkunde in kurzer Zusammenfassung mit mehreren Abbildung und einer Geschichtstabelle (= Bücherei des Augenarztes. Heft 18). Ferdinand Enke, Stuttgart 1947, S. 30 f.
VorgängerAmtNachfolger
Hadrian V.Papst
1276–1277
Nikolaus III.