Laurionit – Wikipedia

Laurionit
Laurionit-Kristalle aus Laurion, Attika (Griechenland)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Lri[1]

Chemische Formel Pb(OH)Cl[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/C.05
III/D.08-030

3.DC.05
10.02.02.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m
Raumgruppe Pcmn (Nr. 62, Stellung 4)Vorlage:Raumgruppe/62.4[2]
Gitterparameter a = 9,70 Å; b = 4,02 Å; c = 7,11 Å[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3 bis 3,5[3]
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,241; berechnet: 6,212[3]
Spaltbarkeit deutlich nach {101}[3]
Bruch; Tenazität biegsam
Farbe farblos, weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig
Glanz Diamantglanz, Perlglanz nach {100}[3]
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 2,077[4]
nβ = 2,116[4]
nγ = 2,158[4]
Doppelbrechung δ = 0,081[4]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 70°; berechnet: 90°[4]

Laurionit ist ein Mineral aus der Mineralklasse der Halogenide. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Pb(OH)Cl und entwickelt nur farblose oder weiße, tafelige bis dünn-prismatische Kristalle von meist auffälliger Winkelform bis zu einem Zentimeter Länge.

Etymologie und Geschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erstmals gefunden wurde Laurionit 1887 an verschiedenen Schlackenfundstellen im Gebiet um Laurion in der griechischen Region Attika und beschrieben durch Rudolf Koechlin (1862–1939), der das Mineral nach seiner Typlokalität benannte.

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Laurionit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung „Oxidhalogenide“, wo er gemeinsam mit Bismoclit, Cotunnit, Daubréeit, Fiedlerit, Matlockit, Paralaurionit, Pseudocotunnit und Zavaritskit in der „Fiedlerit-Laurionit-Matlockit-Gruppe“ mit der Systemnummer III/C.05 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer III/D.08-030. Dies entspricht der Klasse der „Halogenide“ und dort der Abteilung „Oxihalogenide“, wo Laurionit zusammen mit Brontesit, Challacolloit, Cotunnit, Fiedlerit, Hephaistosit, Paralaurionit, Pseudocotunnit und Steropesit eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer III/D.08 bildet.[5]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[6] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Laurionit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Mit Pb (As, Sb, Bi) ohne Cu“ zu finden, wo es zusammen mit Paralaurionit die „Laurionitgruppe“ mit der Systemnummer 3.DC.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Laurionit die System- und Mineralnummer 10.02.02.01. Das entspricht der Klasse der „Halogenide“ und dort der Abteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide mit der Formel A(O,OH)Xq“ als einziges Mitglied in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 10.02.02.

Kristallstruktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laurionit kristallisiert in der Raumgruppe Pcmn (Raumgruppen-Nr. 62, Stellung 4)Vorlage:Raumgruppe/62.4 mit den Gitterparametern a = 9,70 Å; b = 4,02 Å und c = 7,11 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Bildung und Fundorte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laurionit bildet sich einerseits in antiken, bleihaltigen, durch Metallverarbeitung entstandenen Schlacken unter Einfluss von Salzwasser, andererseits aber auch als Sekundärmineral in der Oxidationszone bleihaltiger Mineral-Lagerstätten. Begleitminerale sind unter anderem Anglesit, Cerussit, Fiedlerit, Paralaurionit, Penfieldit und Phosgenit.

Als seltene Mineralbildung konnte Laurionit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2016) rund 50 Fundorte[7] als bekannt gelten. An seiner Typlokalität Lavrio fand sich Laurionit in vielen Schlackenhalden in der Umgebung.

In Deutschland trat das Mineral bisher unter anderem auf Schlackenhalden bei Richelsdorf in Hessen, Astfeld in Niedersachsen, der ehemaligen Gemeinde Kall (heute Mechernich) in Nordrhein-Westfalen und Braubach in Rheinland-Pfalz sowie in der Zeche Christian Levin bei Essen und der Zeche Auguste Victoria bei Marl-Hüls in Nordrhein-Westfalen auf.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist eine Schlackenhalde bei Waitschach (Gemeinde Hüttenberg) in Kärnten.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Frankreich, Israel, Italien, Kanada, Südafrika, Tschechien, Tunesien, Turkmenistan, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[8]

Commons: Laurionite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 175.
  3. a b c d Laurionite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 60,8 kB)
  4. a b c d e Mindat – Laurionite
  5. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  7. Mindat – Anzahl der Fundorte für Laurionit
  8. Fundortliste für Laurionit beim Mineralienatlas und bei Mindat - Localities for Laurionite