Luigi Poggi – Wikipedia

Luigi Kardinal Poggi (2008)
Wappen von Luigi Kardinal Poggi

Luigi Kardinal Poggi (* 25. November 1917 in Piacenza, Italien; † 4. Mai 2010 in Rom) war ein vatikanischer Diplomat und Kurienkardinal der römisch-katholischen Kirche.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Poggi studierte am Collegium Alberoni in Piacenza Katholische Theologie und Philosophie. Am 28. Juli 1940 empfing er das Sakrament der Priesterweihe. Anschließend war er kurze Zeit als Kaplan der Pfarrei San Francesco in Piacenza tätig und wurde noch im selben Jahr zum Studium am Päpstlichen Athenaeum Sant’Apollinare in Rom freigestellt, das er 1944 mit der Promotion zum Dr. iur. utr. abschloss. Anschließend folgte bis 1946 ein weiteres Studium an der Päpstlichen Diplomatenakademie.

Ab 1945 war Poggi Mitarbeiter im Staatssekretariat des Heiligen Stuhls. Am 15. Juni 1949 verlieh ihm Papst Pius XII. den Ehrentitel Geheimkämmerer Seiner Heiligkeit;[1] Papst Johannes XXIII. verlieh ihm am 14. April 1960 den Titel Hausprälat Seiner Heiligkeit.[2]

Am 3. April 1965 ernannte ihn Papst Paul VI. zum Titularerzbischof von Forontoniana und bestellte ihn zum Apostolischen Delegaten in Zentralafrika. Die Bischofsweihe spendete ihm am 9. Mai 1965 Kardinalstaatssekretär Amleto Giovanni Cicognani in der Basilika San Carlo al Corso; Mitkonsekratoren waren der Bischof von Piacenza, Titularerzbischof Umberto Malchiodi, und Kurienbischof Antonio Samorè.

Nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Kamerun und Gabun wurde Poggi 1966 zunächst Apostolischer Pro-Nuntius in Kamerun und Gabun und 1967 zusätzlich in der Zentralafrikanischen Republik; 1969 wurde er Apostolischer Nuntius in Peru, 1975 in Polen und 1986 in Italien. Als Apostolischer Nuntius mit besonderen Aufgaben war er zudem mit den Regierungen von Polen, Ungarn, Tschechoslowakei, Rumänien und Bulgarien zur Verbesserung der Situation der katholischen Kirche in diesen Ländern befasst.[3]

Am 9. April 1992 wurde Poggi Pro-Archivar des vatikanischen Geheimarchivs und Pro-Bibliothekar der vatikanischen Bibliothek.

Papst Johannes Paul II. nahm ihn am 26. November 1994 als Kardinaldiakon mit der Titeldiakonie Santa Maria in Domnica in das Kardinalskollegium auf. Kurz darauf, am 29. November 1994 wurde er Archivar des Geheimarchivs und Bibliothekar der vatikanischen Bibliothek.

Am 7. März 1998 trat Poggi mit Erreichen der Altersgrenze von seinen Ämtern zurück. Am 24. Februar 2005 wurde er zum Kardinalpriester mit der Titelkirche San Lorenzo in Lucina erhoben, wodurch die Position des Kardinalprotodiakons, die er seit 2002 innehatte, an Jorge Arturo Medina Estévez überging.

Kardinal Poggi gehörte zu jenen Purpurträgern, die auch nach der Liturgiereform weiterhin die Heilige Messe im tridentinischen Ritus feierten, wie er auch in einem Interview nach dem Motu proprio Summorum pontificum von Papst Benedikt XVI. ausführlich berichtete.[4]

Die Exequien für den verstorbenen Kardinal fanden am 7. Mai 2010 im Petersdom statt; Kardinaldekan Angelo Sodano feierte das Requiem, Papst Benedikt XVI. hielt die Predigt und nahm auch die Aussegnung vor.[5]

Luigi Poggi war Großkreuzträger des Konstantinordens.[6]

Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Luigi Poggi war Vertreter einer „vatikanischen Ostpolitik“, die Agostino Casaroli begründete. Während seines Einsatzes in den 1970/80er Jahren als Sonderbeauftragter für die europäischen kommunistischen Länder wirkte er wesentlich an der Öffnung der Staaten mit. Er hatte Zugang zu den Machthabern wie Nicolae Ceaușescu, Pál Losonczi und Gustáv Husák.[7] Insbesondere in Polen hatte er maßgeblichen Einfluss auf die Reformbewegung in und nach der Zeit des Polnischen Ausnahmezustandes 1981–1983. Poggi wurde von Johannes Paul II. als Leiter der Vatikan-Gruppe für ständige Arbeitskontakte zur polnischen Regierung eingesetzt.[8] Nach Verhängung des Kriegsrechts durch Wojciech Jaruzelski am 13. Dezember 1981 traf er sich mit dem US-amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan, dem CIA-Direktor William Joseph Casey sowie Papst Johannes Paul II. zur Einschätzung der Lage.[9]

In der Presse wurde er als „Reise-Nuntius“ bezeichnet.[10]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. AAS 41 (1949), S. 383.
  2. AAS 52 (1960), S. 541.
  3. Card. Luigi Poggi. santiebeati.it, abgerufen am 19. Januar 2023 (italienisch).
  4. "Ich habe nie aufgehört im tridentinischen Ritus zu zelebrieren" – Kardinal Poggi und die Heilige Liturgie. Katholisches, 19. Juli 2008, abgerufen am 19. Januar 2023.
  5. Telegramma di cordoglio di Santo Padre per la morte dell’Em.mo Card. Luigi Poggi. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 4. Mai 2010, abgerufen am 19. Januar 2023 (italienisch).
  6. L’Ordine Costantiniano e il Collegio Cardinalizio - Sacro Militare Ordine Costantiniano di San Giorgio
  7. Katarzyna Stoklosa, Andrea Strübind: Glaube – Freiheit – Diktatur in Europa und den USA. Vandenhoeck & Ruprecht, 2007
  8. Lech Wałęsa, Arkadiusz Rybicki: The struggle and the triumph. Arcade Publishing, 1992
  9. Ofira Seliktar: Politics, paradigms, and intelligence failures: why so few predicted the collapse of the Soviet Union. M.E. Sharpe, 2004
  10. Hansjakob Stehle: Die Ostpolitik des Vatikans: 1917–1975. Piper, 1975
VorgängerAmtNachfolger
Apostolischer Delegat in Zentralafrika
1965–1969
Ernesto Gallina
Aufnahme diplomatischer BeziehungenApostolischer Pro-Nuntius in Kamerun
1966–1969
Ernesto Gallina
Aufnahme diplomatischer BeziehungenApostolischer Pro-Nuntius in Gabun
1967–1969
Ernesto Gallina
Aufnahme diplomatischer BeziehungenApostolischer Pro-Nuntius in der Zentralafrikanischen Republik
1967–1969
Mario Tagliaferri
Romolo CarboniApostolischer Nuntius in Peru
1969–1973
Carlo Furno
Filippo CortesiApostolischer Nuntius in Polen
1975–1986
Francesco Colasuonno
Romolo CarboniApostolischer Nuntius in Italien
1986–1992
Carlo Furno
Antonio María Kardinal Javierre Ortas SDBArchivar und Bibliothekar der Heiligen Römischen Kirche
1992–1998
Jorge Maria Kardinal Mejía
Pio Kardinal LaghiKardinalprotodiakon
2002–2005
Jorge Arturo Kardinal Medina Estévez