Martin Schongauer – Wikipedia

Martin Schongauer, von Hans Burgkmair, um 1510[1]
Büste Schongauers in der Ruhmeshalle, München

Martin Schongauer (* um 1445/1450 in Colmar, Elsass; † 2. Februar 1491 in Breisach am Rhein) war ein deutscher Kupferstecher und Maler.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über sein Leben sind wenige Daten gesichert. Vermutlich wurde er um 1450 oder einige Jahre früher in Colmar geboren, wo sich sein Vater Caspar, ein Goldschmied aus Augsburg, gegen 1440 niedergelassen hatte. Die Familie bewohnte das Haus zur Geige, das Eckhaus der später bezeichneten Schongauer- und Schädelgasse. 1445 wurde Caspar Schongauer Mitglied des Stadtrates. Die Söhne Georg und Paul wählten den Beruf des Vaters, Ludwig wurde ebenfalls Maler.[2][3] Die erste Lehrzeit verbrachte Martin wahrscheinlich in der väterlichen Werkstatt oder möglicherweise als Lehrling bei Caspar Isenmann. Anschließend dürfte er eine gewisse Zeit in der Werkstatt des Hans Pleydenwurff in Nürnberg gearbeitet haben, wo er eine frühe Auseinandersetzung mit der neuen naturalistischen Malweise der Ars Nova der Niederländer (Jan van Eyck, Rogier van der Weyden) kennenlernte.

Ab 1465 war er für wenige Semester an der Leipziger Universität immatrikuliert. Spätestens um 1469/70 trat er die obligatorische Wanderschaft an; sie führte ihn nach Burgund und in die Niederlande: Sein Werk zeigt Einflüsse der Kunst Rogier van der Weydens, dessen Weltgerichtsaltar in Beaune er sicher gesehen hat, sowie von Dieric Bouts, der Kölner Malerschule um Stefan Lochner und der flämischen Schule um Jan van Eyck.

1470 soll er sich in Colmar niedergelassen haben. Zu seinen Lebzeiten war er vor allem als Maler berühmt. Er gelangte offenbar zu einigem Wohlstand, war mehrfacher Hausbesitzer und blieb anscheinend unverheiratet.

Dass er anlässlich einer Reise nach Basel im Juni 1489 als „Bürger von Breisach“ bezeichnet wird, beweist, dass er zu dieser Zeit bereits wegen eines großen Auftrags für Wandmalereien im dortigen Münster nach Breisach umgezogen war.

Im Jahr 1492, eben nach dem Tod Martins, empfingen seine Brüder den jungen Albrecht Dürer.[4]

Zur Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vermutlich seiner delikaten Malerei wegen wurde Schongauer von seinen Zeitgenossen „Martin Schön“ oder „Hübsch Martin“ genannt. Erhalten haben sich von seinen Gemälden nur sehr wenige. Aus dem Jahr 1473 stammt sein malerisches Hauptwerk, die Madonna im Rosenhag (Dominikanerkirche Colmar), sein einziges (nicht eigenhändig) datiertes Gemälde, dessen ursprünglicher Standort nicht bekannt ist. Dieses Meisterwerk spätgotischer Madonnenbilder zeichnet sich durch große Klarheit in Komposition und Ausführung aus.

Außer einem Paar Altarflügel, gestiftet von dem Präzeptor Jean d’Orlier für das Antoniterkloster und -hospital in Isenheim (Colmar, Musée d’Unterlinden), dem von Werkstattmitarbeitern ausgeführten ehemaligen Hauptaltar der Dominikaner in Colmar (Colmar, Musée d´Unterlinden) sowie einigen kleineren Tafelbildern, die ebenfalls nicht alle eigenhändig ausgeführt sind, haben sich nur noch die Weltgerichts-Fresken an der inneren Westwand des Breisacher Münsters erhalten, die er möglicherweise wegen seines plötzlichen Todes nicht mehr selbst fertigstellen konnte.

Weihnachtsmarken der Deutschen Bundespost von 1991 zum 500. Todestag von Schongauer

Nicht nur wegen der technischen und künstlerischen Qualität seiner Kupferstiche, die die Möglichkeiten dieser Technik zur Vollendung bringen, gilt Schongauer als einer der bedeutendsten Graphiker vor Albrecht Dürer, den er entscheidend beeinflusste. Im Ganzen verläuft die stilistische Entwicklung von breit erzählendem Detailreichtum zu größerer, ernsterer und repräsentativerer Form. Wohl als erster stellte er Druckgraphik in größerer Zahl her und betrieb ihre kommerzielle Verbreitung. Als erster Stecher hat er seine Werke signiert: Alle 116 erhaltenen Blätter tragen seine Initialen zu Seiten eines Kreuzes mit einem halbmondförmigen Häkchen.

Mono­gramm

Eine Büste mit Schongauers Abbild fand Aufstellung in der Ruhmeshalle in München. Nach ihm sind das Martin-Schongauer-Gymnasium Breisach benannt sowie Straßen und Wege in Frankenthal, Gundelfingen, Kevelaer, Kösching, Bielefeld, Neuenburg, Rottenburg, Schongau, Bad Windsheim, Filderstadt, Karlsruhe, Berlin-Mahlsdorf und Niederkrüchten.

Werke (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gemälde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die hl. Barbara und eine andere hl. Jungfrau
  • Gegenbild die hl. Catharina und eine andere hl. Jungfrau
  • Cunigunda, verlobt an Herzog Otto von Wittelsbach
  • Ethisa, Gemahlin des Königs Ferdinand III. von Spanien
  • Agnes, vermählt an den Grafen von Thuscien, Nepoten des Papsts Innocentius III.
  • Beatrix, Gemahlin Kaisers Otto IV. so nur vier Tage ihre Vermählung überlebte und in Braunschweig …, 1471[5]

Kupferstiche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auktionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1825 in Nürnberg: Die Flucht nach Egypten; die hl. Jungfrau ...
    • Die Gefangennehmug Jesu Christi.
    • Die Geißelung Christi.
    • Christus vor Pilatus.
    • Christus am Kreutz.
    • Der Leichnam des Heylandes von seinen Jüngern in das Grab gelegt.
    • Die Niederfahrt zu Hölle.
    • Die Auferstehung Christi.
    • Das Absterben der hl. Jungfrau im Beyseyn der zwölf Apostel.
    • St. Antonius wird von dem Teufel in die Luft gezogen.
    • Der hl. Christoph trägt das Jesus Kind über einen Fluss.
    • St. Johannes der Evangelist schreibet sein Offenbarung auf der Insel Pathmos.
    • Der hl. Michael überwindet den Drachen.
    • Gott der Vater sitzet auf einem Thron, dessen Vorhänge von zween Engeln gehalten werden.[10]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Marianne Bernhard (Hrsg.): Martin Schongauer und sein Kreis. Druckgraphik, Handzeichnungen. Südwest-Verlag, München 1986, ISBN 3-517-00728-5.
  • Karin Groll: Martin Schongauer und seine Zeit. Ausstellung in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe (4. April bis 28. Juni 1992), Karlsruhe 1991, ISBN 3-925212-16-7.
  • Stephan Kemperdick: Martin Schongauer. Eine Monographie. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-937251-33-2.
  • Ulrike Heinrichs: Martin Schongauer – Maler und Kupferstecher. Kunst und Wissenschaft unter dem Primat des Sehens. München/Berlin 2007.
  • Franz Winzinger: Die Zeichnungen Martin Schongauers. Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, Berlin 1962.
  • Martin Schongauer. Die Restaurierung des Jüngsten Gerichtes in Breisach; Aspekte zu Leben, Werk und Zeit, Katalog der Ausstellung Kunstkreis Radbrunnen Breisach, Breisach 1991.
  • Tilman Falk, Thomas Hirthe: Martin Schongauer. Das Kupferstichwerk. Ausstellungskatalog. Staatliche Graphische Sammlung München 1991.
  • Le Beau Martin. Études et mises au point, Akten des Kolloquiums im Musée d’ Unterlinden in Colmar, 30. September – 2. Oktober 1991.
  • The illustrated Bartsch, Band 8: Early German artists. Martin Schongauer, Ludwig Schongauer and copyists, Bearbeitet von Jane Campbell Hutchinson. New York 1996.
  • Fritz Koreny: Martin Schongauer as a draftsman: a reassessment. In: „Master drawings“ 34/2 (1996), S. 123–147.
  • Ludwig Scheibler: Schongauer und der Meister des Bartholomäus-Altars. In: Repertorium für Kunstwissenschaft. Band 7, 1884
  • Lucien Blum: Martin Schongauer, Colmarer Kupferstecher und Maler, Edit. Nr. 558, Imprimerie Alsatia Colmar, 1958
  • Christian Heck: Die Madonna im Rosenhag. Colmar 1990.
  • Susanne Günther: Martin Schongauer. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 9, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-058-1, Sp. 756–758.
  • Hubert Janitschek: Schongauer, Martin. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 34, Duncker & Humblot, Leipzig 1892, S. 735–739.
  • Stephan Kemperdick: Schongauer, Martin. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 466–468 (Digitalisat).
  • Pantxika Béguerie-De Paepe et al.: Musée Unter Linden, Société Schongauer, Edicolor, Bains-de-Bretagne, 2016, ISBN 978-2-85495-625-2

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Martin Schongauer – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Martin Schawe: Alte Pinakothek. Hrsg.: Bayerische Staatsgemäldesammlung. 2. Auflage. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2014, ISBN 978-3-7757-3904-7, S. 99.
  2. zur Familie siehe Stephan Kemperdick: Schongauer. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 465 (Digitalisat).
  3. L. Baum, S. 10
  4. L. Blum, S. 12
  5. Verzeichniss der seltenen Kunst-Sammlungen. (Deckblatt: Verzeichniss über das v. Derschauische Kunstkabinett zu Nürnberg.) Nürnberg 1825, I. Abt., S. 3 f.
  6. Christian Heck: Die Madonna im Rosenhag. ANG/Imprimerie BEAU‘LIEU, Oullins, S. 2,6.
  7. P. De Paepe, S. 98
  8. P. De Paepe, S. 100
  9. Martina Padberg: Alte & Neue Pinakothek München. Könemann GmbH, Paris 2020, ISBN 978-2-8099-1852-6, S. 67.
  10. Verzeichniss der seltenen Kunst-Sammlungen. Nürnberg 1825, II. Abt., S. 6 f., Nr. 26–39.