Ostafrikanische Seenpost – Wikipedia

Die Ostafrikanische Seenpost war ein privates Postunternehmen der Hamburger Chemiefirma Schülke & Mayr in Deutsch-Ostafrika.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Postträger der Firma Schülke & Mayr auf der deutschen Postexpedition von Daressalam nach Bukoba (Abbildung aus Die Gartenlaube nach einer Fotografie von 1892)

Im Jahr 1890 errichteten Schülke & Mayr am Victoriasee eine Station zur Erprobung des Desinfektionsmittels Lysol und anderer Medizinprodukte.[1] Zu dieser Zeit beschränkte sich das staatliche Postwesen der Kolonie noch auf die Küstenorte, in denen ab dem Jahr 1890 Posteinrichtungen entstanden.[2]

Zur postalischen Anbindung ihrer Station schloss die Firma im Jahr 1891 mit dem Kaiserlichen Gouvernement von Deutsch-Ostafrika einen Vertrag. Er betraf die Postbeförderung zwischen der ostafrikanischen Küste bei Sansibar und den großen ostafrikanischen Seen im Hinterland. Einmal pro Monat sollte nach dem Eintreffen deutscher Reichspostdampfer im Hafen Daressalam eine Expedition zum Victoriasee abgehen. Die Träger trugen an der Brust ein Messingschild mit der Aufschrift Kaiserliche Gouvernementspost. Die Mitglieder waren mit Mauserkarabinern Modell 71 bewaffnet. Das Gesamtgewicht der Postsendungen betrug bis zu zehn Kilogramm. Die erste dieser Expeditionen verließ Daressalam am 6. Januar 1892. Die Marschroute führte über Mpwapwa, wo neben der Stationspost auch Post für britische und französische Missionen abgeliefert wurde. Danach verlief die Route über Tabora nach Bukoba am Victoriasee. Mit Post für die Gegenrichtung folgte der Rückmarsch an die Küste. Die Marschdauer betrug täglich bis zu elf Stunden. Dadurch konnte die Gesamtstrecke hin und zurück in etwa 100 Tagen bewältigt werden. Die Beförderung eines Briefes von Berlin nach Bukoba sollte rund 70 Tage betragen. Die Antwort konnte etwa viereinhalb Monate später in Berlin sein.

Zur regulären Abwicklung der Postbeförderung wurde im Jahr 1892 eine Serie privater Postmarken gedruckt.[3] Die private Botenpost Daressalam–Bukoba endete aber nach einem Jahr, da der Vertrag von Seiten des Gouvernements nicht verlängert wurde. Die Postmarken kamen daher nicht in Umlauf. Ab dem Jahr 1894 übernahm das Gouvernement dann selbst den Aufbau der Botenpost ins Landesinnere.

Philatelie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

5–Cents–Privatpostmarke der Firma Schülke & Mayr, postfrisch (1892).

Da die Privatpostmarken nie verausgabt wurden, sind unter Briefmarkenhändlern und Philatelisten nur ungelaufene bzw. ungestempelte Exemplare anerkannt.[4] Die Marken zeigen eine Seenlandschaft unter Palmen umkränzt von Blattwerk und afrikanischen Waffen (Keule, Schild, Speere). Die Beschriftung lautet SCHÜLKE & MAYR'S / AFRIKANISCHE-SEEEN-POST mit dem Zusatz unter Contract mit dem Kaiserl. Gouvernement in DEUTSCH-OST-AFRIKA. Es sind unterschiedliche Farben und Geldbeträge bekannt. Der Druck erfolgte durch das Leipziger Unternehmen Giesecke & Devrient in Bögen zu je 25 Marken. Zum fünfzigjährigen Jubiläum von Schülke & Mayr im Jahr 1939 erfolgte ein Reprint der Marken für die Firmenveröffentlichung Im Kampf gegen die Seuche.[5]

Farbe Betrag Einheit
Rosa 5 Cents
Rotgelb 10 Cents
Blau 25 Cents
Grün 50 Cents
Braun 1 Dollar ($)

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Friedrich F. Steuer, Ronald F. Steuer: Handbuch und Katalog der deutschen Kolonial-Vorläufer. 4. Auflage. Schwaneberger, Unterschleißheim 2006, ISBN 3-87858-398-2, S. 236.
  • Birgit Kuse-Wöstmann (Hrsg.): Brieftauben, Ballone, Blechkanister – Postbeförderung zwischen Innovation und Kuriosität. Deutsche Post AG, Bonn 2012, S. 120 f.
  • Ton Dietz: African Postal Heritage – Tanzania 1885–1920s – Part I: German East Africa, 1885–1914. In: African Postal Heritage (APH) papers, Nr. 3, African Studies Centre Leiden / Leiden University 2016, S. 21 f. (open access).
  • Philipp Ruge: Schülke & Mayr's Briefmarken, in: Arbeitsgemeinschaft der Sammler deutscher Kolonialpostwertzeichen (Hrsg.): Berichte für Kolonialbriefmarken-Sammler. Nr. 142, März 2016, S. 4563–4566.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Ostafrikanische Seenpost – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Afrikanischer Postverkehr – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Waldemar Gruschke: Markenländerlexikon A-G. Bd. 1, Books on Demand, Norderstedt 2004, ISBN 978-3-8334-1044-4, S. 16.
  2. Anne Brüggemann: Der unterbrochene Draht. Die Deutsche Post in Ostafrika – Historische Fotografien. Herausgegeben durch das Deutsche Postmuseum Frankfurt am Main, R. v. Decker’s Verlag, G. Schenck, Heidelberg 1989, ISBN 3-8114-3889-3, S. 19.
  3. Jürgen Ruszkowski: Seefahrt und Post – Die Rolle der Seefahrt in der Postgeschichte. Mritime gelbe Buchreihe, Bd. 100, Neobooks, Berlin 2018 (Google Books).
  4. Albert Friedemann (Hrsg.): Die Postwertzeichen und Entwertungen der deutschen Postanstalten in den Schutzgebieten und im Auslande. Als Handbuch unter Mitwirkung bedeutender Sammler bearbeitet und herausgegeben von Albert Friedemann. 2. erw. Auflage, Leipzig 1921, S. 210 (online bei archive.org).
  5. John Fuhlberg-Horst, Hermann Köster: Im Kampf gegen die Seuche. Rückblickend auf fünfzig Jahre „Lysol“. Schülke & Mayr Aktien-Gesellschaft, Schettler, Köthen 1939, S. 85. (Foto der S. 84 f.)