Ostniederdeutsch – Wikipedia

Ostniederdeutsch

Gesprochen in

Deutschland, Russland, Ukraine, Polen, Brasilien, USA, Kanada
Linguistische
Klassifikation

Ostniederdeutsch umfasst in Deutschland hauptsächlich jene niederdeutschen Dialekte, die in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und im Norden Sachsen-Anhalts, in der Altmark und in den Gebieten östlich der Oder gesprochen werden oder wurden. International sprechen vor allem Nachkommen mennonitischer Auswanderer mit Plautdietsch einen Dialekt des Ostniederdeutschen.

Sprachliche Besonderheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Vergleich mit dem auch Westniederdeutsch genannten Niedersächsischen weist das Ostniederdeutsche im Übergangsbereich zu den ostmitteldeutschen Dialekten eine größere Nähe zum Hochdeutschen auf. Durch mittelalterliche Siedlungsbewegungen finden sich viele Wörter und Wendungen des westfälischen Dialektes im Ostniederdeutschen. Ferner finden sich einige Wörter westslawischen und französischen Ursprungs.

Die Trennung zwischen Ost- und Westniederdeutsch ist eher eine geographische, die zwischen alten und neuen (ab ca. 1250 besiedelten) Siedlungsgebieten unterscheidet. Insbesondere das Mecklenburgisch-Vorpommersche ist in Aussprache und Grammatik mit dem (westlichen) Nordniedersächsischen zum größten Teil identisch. Im Allgemeinen zeigt das Niederdeutsche in regionaler Hinsicht weniger Unterschiede zwischen den Dialekten als es im Hochdeutschen der Fall ist.

Als Unterschied zu den westniederdeutschen Mundarten wird für gewöhnlich die Bildung des Plurals der Verben im Präsens herangezogen. Dieser soll für alle drei Personen gleich sein (Einheitsplural) und im Westniederdeutschen auf -(e)t, im Ostniederdeutschen jedoch auf -e(n) ausgehen:[1][2]

Person & Numerus Hochdeutsch Westniederdeutsch Ostniederdeutsch
1. Person Plural wir machen wi māk(e)t wi māke(n)
2. Person Plural ihr macht gi māk(e)t gi māke(n)
3. Person Plural sie machen se māk(e)t se māke(n)

Die Endung auf -en gilt jedoch auch in für gewöhnlich zum Westniederdeutschen gezählten Dialekten wie dem ostfriesischen und Schleswiger Platt.[1] Ferner wird im westlichen Teil Mecklenburgs und in Ratzeburg ausschließlich die Endung -t verwendet. Ursprünglich markant für die Dialekte Brandenburgs/Preußens war, dass /s/ (scharfes S) vor Konsonanten zu /ʃ/ (Sch-Laut) wurde. Snacken, Strand und Spiker wurden so häufig als schnacken, Schtrand und Schpiker ausgesprochen. Dies betraf ursprünglich nur die Mittelmark und die Dialekte östlich der Elbe, verbreitete sich jedoch durch hochdeutschen Einfluss und größere Sprechermobilität mit der Zeit auch in die anderen Regionen, ohne die ursprünglichen Formen zu verdrängen.

Dialekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Historische Verbreitungsgebiete der niederdeutschen Dialektgruppen (bis 1945) - Ortsnamen und Grenzen entsprechen den heutigen Gegebenheiten (auf Englisch)

Zum Ostniederdeutschen werden folgende Dialektgruppen gezählt:

  1. Mecklenburgisch-Vorpommersch (Mecklenburg und Vorpommern)
  2. Märkisch (Brandenburg und Sachsen-Anhalt; beinhaltet auch Mittelpommersch in der historischen Landschaft Hinterpommern und im südl. Vorpommern)
  3. Ostpommersch (in der historischen Landschaft Hinterpommern; beinhaltet auch Pomerano in Brasilien)
  4. Niederpreußisch (fast ausgestorben; bis 1945 in Ostpreußen, Westpreußen und Danzig im heutigen Polen, Russland und Litauen; beinhaltet auch Plautdietsch, durch die weltweite Migration der Russlandmennoniten heute in Russland, Kanada, Mexiko, Paraguay (Gran Chaco), und neuerdings auch wieder in Deutschland gesprochen)

Eine Sonderentwicklung nahmen die südmärkischen Dialekte. Früher gehörten sie zum Ostniederdeutschen, da sie ihre Wurzeln im Märkischen haben. Infolge starken mitteldeutschen Einflusses werden sie heute jedoch dem Ostmitteldeutschen zugeordnet.

Die spezifischen Eigenheiten aller ostniederdeutschen Dialekte sind in den jeweiligen Artikeln beschrieben. Ihr Wortschatz wird erfasst und beschrieben im Mecklenburgischen Wörterbuch (Dialekte in Mecklenburg), im Pommerschen Wörterbuch (Dialekte in Vor- und Hinterpommern), im Brandenburg-Berlinischen Wörterbuch (Brandenburgische Dialekte), im Mittelelbischen Wörterbuch (u. a. ostniederdeutsche Dialekte im nördlichen Sachsen-Anhalt) und im Preußischen Wörterbuch (Dialekte in West- und Ostpreußen).

Die größte ostniederdeutsche Dialektgruppe in Deutschland ist heutzutage das Mecklenburgisch-Vorpommersche. Größere Sprecherzahlen haben auch die Auslandsmundarten Plautdietsch (ca. 500.000 Sprecher) und Pomerano (ca. 300.000 Sprecher).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schriftsteller

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Karl Bischoff: Mittelalterliche Überlieferung und Sprach- und Siedlungsgeschichte im Ostniederdeutschen. 1966 (= Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1966, Nr. 4).
  • Klaas Hinrich Ehlers: Mecklenburgisch-Vorpommersch, Mittelpommersch, Brandenburgisch. In: Joachim Herrgen, Jürgen Erich Schmidt: Sprache und Raum. Ein internationales Handbuch der Sprachvariation. Band 4: Deutsch (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft. Band 30.4). De Gruyter Mouton, Berlin/Boston 2019, ISBN 978-3-11-018003-9, S. 590–615.
  • Hans Joachim Gernentz: Niederdeutsch – gestern und heute. Beiträge zur Sprachsituation in den Nordbezirken der DDR in Geschichte und Gegenwart. Hinstorff-Verlag, Rostock 1980.
  • Eberhard Krienke: Uns Uckermark – Sprache und mundartliche Literatur einer Region. Schibri Verlag, Milow 1996, ISBN 3-928878-46-8.
  • Willy Sanders: Sachsensprache, Hansesprache, Plattdeutsch. Sprachgeschichtliche Grundzüge des Niederdeutschen. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-525-01213-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Hermann Niebaum, Jürgen Macha, Einführung in die Dialektologie des Deutschen, 2. Aufl., Max Niemeyer Verlag: Tübingen, 2006, S. 220f.
  2. Helmut Glück, Michael Rödel (Hrsg.), Metzler Lexikon Sprache, 5. Aufl., J. B. Metzler Verlag: Stuttgart, 2016, S. 488 unter dem Stichwort Ostpommersch