Palais Schwerin – Wikipedia

Palais Schwerin
Blick vom Molkenmarkt auf das Palais mit den beiden Seitenflügeln. Am Bildrand rechts die Alte Münze

Blick vom Molkenmarkt auf das Palais mit den beiden Seitenflügeln. Am Bildrand rechts die Alte Münze

Daten
Ort Berlin-Mitte
Baumeister Jean de Bodt
Baujahr nach 1690
Koordinaten 52° 30′ 57,6″ N, 13° 24′ 31,7″ OKoordinaten: 52° 30′ 57,6″ N, 13° 24′ 31,7″ O

Das Palais Schwerin ist ein historisches Stadtpalais im Ortsteil Mitte von Berlin. Das aus der Barockzeit stammende Gebäude Molkenmarkt 1 steht in der Berliner Denkmalliste[1] und ist heute Sitz des Deutsch-Französischen Jugendwerks.

Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Bauwerk befindet sich gegenüber dem Nikolaiviertel auf der östlichen Seite der Straße Mühlendamm unmittelbar neben der Alte Münze (Mühlendamm 3).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Palais Schwerin im Jahr 1742

Das Adelspalais ist wahrscheinlich nach dem großen Stadtbrand 1690 errichtet worden. Im Jahr 1698 kaufte es der preußische Staatsminister Otto von Schwerin, der es vermutlich durch Jean de Bodt, einen Hugenotten in preußischen Diensten, von 1702 bis 1704 umbauen ließ. Die Kartusche über dem Haupteingang zeigt den Orden vom Schwarzen Adler, den Schwerin 1701 erhalten hatte.

Nach dem Tod des Grafen im Jahr 1705 wurde das Palais vermutlich von den Erben genutzt bzw. vermietet. So hatte der Russisch-Kaiserliche Minister Pjotr Grigorjewitsch Tschernyschow dort von 1741 bis 1746 seine Berliner Residenz. 1764 verkauften die Erben das Palais, das kurzzeitig im Besitz der Hofgoldsticker Pally und Kolbe war. 1765 ging das Palais als General-Tabaks-Administration in staatlich-preußischen Besitz. Im Jahr 1787 fiel das Tabakmonopol und die Königliche Stempel- und Kartenkammer zog ein.[2] 1822 wurde das Palais Sitz der Direktion der Allgemeinen Witwenverpflegungsanstalt,[3] 1829 zog die Criminaldeputation des Stadtgerichts (Kriminalgericht) und später auch ein Gefängnis ein.[4] Ab 1882 wurde das Gebäude auch vom Polizeipräsidium genutzt. Benachbart lag die Stadtvogtei. Für lange Zeit war das Palais Schwerin ein Synonym für den „Knast“ schlechthin, bis 1889 die Nutzungen in das von Hermann Blankenstein errichtete Polizeipräsidium Alexanderplatz verlegt wurden. Bis 1910 diente das Gebäude verschiedenen Zwecken, u. a. auch der Justizverwaltung.

In den 1920er Jahren vermietete der preußische Staat das Palais an ein Möbelhaus.

Abbruch, Rekonstruktion und Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Münzfries an der Alten Münze (Mühlendamm 3)

Im Zuge des Neubaus der Reichsmünze (heute: Alte Münze) wurde das Palais Schwerin 1937/38 unter Beibehaltung der Frontfassade weitgehend entkernt, überformt und um zwei Seitenbauten (nördlich: Molkenmarkt 2, südlich: Mühlendamm 1) im gleichen Baustil erweitert, aber nicht, wie vielfach behauptet, rückwärtig versetzt.[5] Das Bauensemble aus Palais Schwerin und Mühlendamm 3 (heutige Alte Münze) bildete nun eine Einheit. Das Gebäude Mühlendamm 3 erhielt als Schmuckelement eine Kopie des von Johann Gottfried Schadow für die Alte Münze am Werderschen Markt (Unterwasserstraße) geschaffenen Fries.

Der Gebäudekomplex diente ab 1951 als Sitz der Staatlichen Kunstkommission der DDR, anschließend bis zur politischen Wende dem Kulturministerium und der Zentralen Münze der DDR. Am 16. Juli 1990 wurde mit der Prägung von bundesdeutschen Münzen begonnen.

Im Jahr 2010 befanden sich in den Gebäudeteilen am Spreeufer und an der Spandauer Straße die Berliner Münzprägeanstalt und Räume für den Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen.[6]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gernot Ernst, Ute Laur-Ernst: Die Stadt Berlin in der Druckgrafik 1570–1870. 1. Auflage. Band 2. Lukas-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-86732-055-9, S. 292 f.
  • Günter Stahn: Berlin. Das Nikolaiviertel. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2003.
  • Uwe Kieling, Johannes Althoff: Das Nikolaiviertel. Berlin Edition, Berlin 2001.
  • Benedikt Goebel: Der Umbau Alt-Berlins zum modernen Stadtzentrum. Verlagshaus Braun, Berlin 2003.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Palais Schwerin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Baudenkmal Molkenmarkt 1–3, Palais Schwerin, 1704 von Jean de Bodt; Münze, 1936–1942 von Fritz Keibel und Arthur Reck
  2. Königl. Stempel- und Karten-Kammer, Molken -Markt 3. In: Karl Neander von Petersheiden: Anschauliche Tabellen, 1801, S. 136.
  3. Molkenmarkt No. 3: Königliches Gebäude. General-Witwen-Casse. In: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen, 1822, Teil 3, S. 275.
  4. Criminal-Deput. d. Stadtg., Molkenmarkt 3. In: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen, 1830, S. 115.
  5. „Auf der bis 1935 durch die Abrisse von Polizeipräsidium, Krögelhof, Stadtvogtei und sechs Wohn- und Geschäftshäusern in der Stralauer Straße 32 geschaffenen knapp 16.000 Quadratmeter großen Freifläche wurde bis 1942 nach einem Entwurf von Fritz Keibel und Arthur Reck die Reichsmünze erbaut. […] Dabei wurde die Fassade des Palais Schwerin am Molkenmarkt 1 nicht – wie vielfach behauptet – abgerissen und um einige Meter versetzt hinter der historischen Bauflucht wieder aufgebaut, sondern am alten Standort in den Neubau der Reichsmünze integriert. Das alte Palais wurde zwischen Frühjahr 1937 und Oktober 1938, wie es heute heißen würde, völlig entkernt, so daß kaum mehr als die Fassade erhalten ist. Zu den wenigen bewahrten Spolien gehört die hölzerne Haupttreppe aus dem 18. Jahrhundert, die man, um zahlreiche Hakenkreuze im Schnitzwerk des Geländers bereichert, in den Neubau übernahm. Der plastische Fassadenschmuck des Palais Schwerin wurde durch Kopien ersetzt.“ In: Benedikt Goebel: Der Umbau Alt-Berlins zum modernen Stadtzentrum. Verlagshaus Braun Berlin 2003, ISBN 3-935455-31-3.
  6. Kathrin Chod, Herbert Schwenk, Hainer Weisspflug: Palais Schwerin / Münze. In: Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke (Hrsg.): Berliner Bezirkslexikon, Mitte. Luisenstädtischer Bildungsverein. Haude und Spener / Edition Luisenstadt, Berlin 2003, ISBN 3-89542-111-1 (luise-berlin.de – Stand 7. Oktober 2009).