Präsident des Europäischen Parlaments – Wikipedia

Präsident des Europäischen Parlaments
Logo des Europäischen Parlaments
Europaflagge
Amtierend
Malta Roberta Metsola
seit dem 18. Januar 2022
Anrede Frau Präsidentin bzw. Herr Präsident
Amtssitz Straßburg,
Frankreich Frankreich
Vorsitzender von Europäisches Parlament
Amtszeit 212 Jahre
Stellvertreter Erster Vizepräsident
Ernennung durch Europäisches Parlament
Schaffung des Amtes 1952
Erster Amtsinhaber Belgien Paul-Henri Spaak
Website [1]

Der Präsident des Europäischen Parlaments, auch oft als EU-Parlamentspräsident bezeichnet, leitet die Aktivitäten des Europäischen Parlaments und die dem Parlament unterstellten Institutionen. Seit dem 18. Januar 2022 ist Roberta Metsola Präsidentin des Europäischen Parlaments.

Aufgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Parlamentspräsident hat er den Vorsitz bei den Plenarsitzungen und repräsentiert das Parlament in allen Außenangelegenheiten, etwa gegenüber anderen EU-Institutionen oder auf internationaler Ebene. Bei den Gipfeltreffen des Europäischen Rates erstattet er den Staats- und Regierungschefs Bericht über die Standpunkte des Parlaments.

Zusammen mit dem Vorsitzenden des Rates der EU unterzeichnet er die nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassenen EU-Rechtsakte, bevor diese im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden (Art. 297 AEU-Vertrag).

Im Einzelnen sind die Aufgaben des Parlamentspräsidenten in Art. 20 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments geregelt.[1]

Präsidium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Präsident wird von einem Präsidium unterstützt, das auch als Büro bezeichnet wird. Das Büro ist die für das Budget des Parlaments und für Verwaltungsangelegenheiten verantwortliche Behörde. Es besteht aus dem Präsidenten, insgesamt vierzehn Vize-Präsidenten und fünf Quästoren, die die Interessen der Parlamentarier als Abgeordnete vertreten. Die Mitglieder des Präsidiums werden von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus deren Mitte gewählt.

Konferenz der Präsidenten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Des Weiteren führt der Parlamentspräsident den Vorsitz bei der Konferenz der Präsidenten, die aus ihm selbst sowie den Vorsitzenden der Fraktionen des Europäischen Parlaments besteht. Die Konferenz der Präsidenten ist insbesondere für die Festlegung der Tagesordnung der Parlamentssitzungen zuständig.

Wahl des Präsidenten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Parlamentspräsident wird nach Art. 14 Abs. 4 EU-Vertrag vom Parlament aus seiner Mitte gewählt. Er benötigt die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Wenn dies nicht im ersten Wahlversuch zustande kommt, können neue Kandidaten für die Präsidentschaft, in dem zweiten und dritten Wahlversuch, hinzukommen, jedoch können im vierten Wahlversuch nur die beiden Kandidaten des dritten teilnehmen, die die meisten Stimmen erzielt haben.[2] Die Amtszeit des Parlamentspräsidenten sowie der anderen Mitglieder des Präsidiums beträgt zweieinhalb Jahre, also eine halbe Legislaturperiode des Parlaments.[3]

Üblicherweise teilen sich jeweils die beiden größten Fraktionen des Europäischen Parlaments, nämlich die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) und die Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament (S&D) je zwei Amtszeiten auf, sodass in der ersten Hälfte der Legislaturperiode ein Vertreter der einen und in der zweiten Hälfte ein Vertreter der anderen Fraktion das Parlament leitet.

Auch die weiteren Mitglieder des Präsidiums werden vom Europäischen Parlament aus seiner Mitte gewählt, wobei hier im Allgemeinen auch die anderen Fraktionen entsprechend ihrer Größe zum Zuge kommen. In der ersten Hälfte der Legislaturperiode 2009–2014 waren jedoch die kleine europaskeptische Fraktion Europa der Freiheit und der Demokratie (EFD) sowie anfangs auch die nationalkonservative Fraktion Europäische Konservative und Reformisten (EKR) nicht im Präsidium vertreten; die Linksfraktion GUE/NGL stellte keinen Vizepräsidenten, sondern nur einen Quästor. Der EKR-Abgeordnete Edward McMillan-Scott, der gegen den Willen seines Fraktionsvorsitzenden zum Vizeparlamentspräsidenten gewählt worden war, wurde unmittelbar danach aus seiner Fraktion ausgeschlossen und schloss sich später der liberalen Fraktion ALDE an. Im Gegenzug wurde nach dem Rücktritt der ALDE-Abgeordneten Silvana Koch-Mehrin als Vizepräsidentin im Juli 2011 das EKR-Mitglied Giles Chichester nachgewählt. Bei der Neuwahl des Präsidiums für die zweite Hälfte der Legislaturperiode wurden am 18. Januar 2012 Mitglieder aller Fraktionen mit Ausnahme der EFD gewählt, wobei die GUE/NGL erneut nur mit einem Quästor vertreten war.

Liste der Präsidenten des Europäischen Parlaments[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bezeichnung Amtszeit Bild Name Politische Zugehörigkeit Herkunftsstaat
Allgemeine Versammlung 1952–1954 Paul-Henri Spaak Paul-Henri Spaak Sozialist Belgien Belgien
1954 Alcide De Gasperi Alcide De Gasperi
(starb am 19. August 1954)
Christdemokrat Italien Italien
1954–1956 Giuseppe Pella Giuseppe Pella Christdemokrat Italien Italien
1956–1958 Hans Furler Hans Furler Christdemokrat Deutschland Deutschland
Parlamentarische Versammlung 1958–1960 Robert Schuman Robert Schuman Christdemokrat Frankreich Frankreich
1960–1962 Hans Furler Hans Furler Christdemokrat Deutschland Deutschland
Europäisches Parlament (ernannt) 1962–1964 Gaetano Martino Gaetano Martino Liberaler Italien Italien
1964–1965 Jean Pierre Duvieusart Jean Pierre Duvieusart Christdemokrat Belgien Belgien
1965–1966 Victor Leemans Victor Leemans Christdemokrat Belgien Belgien
1966–1969 Alain Poher Alain Poher Christdemokrat Frankreich Frankreich
1969–1971 Mario Scelba Mario Scelba Christdemokrat Italien Italien
1971–1973 Walter Behrendt Walter Behrendt Sozialdemokrat Deutschland Deutschland
1973–1975 Cornelis Berkhouwer Cornelis Berkhouwer Liberaler Niederlande Niederlande
1975–1977 Georges Spénale Georges Spénale Sozialist Frankreich Frankreich
1977–1979 Emilio Colombo Emilio Colombo Christdemokrat Italien Italien
1. Wahlperiode 1979–1982 Simone Veil Simone Veil LDR Frankreich Frankreich
1982–1984 Piet Dankert Piet Dankert Soc Niederlande Niederlande
2. Wahlperiode 1984–1987 Pierre Pflimlin Pierre Pflimlin EVP Frankreich Frankreich
1987–1989 Lord Plumb Lord Plumb ED Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
3. Wahlperiode 1989–1992 Enrique Barón Crespo Enrique Barón Crespo Soc Spanien Spanien
1992–1994 Egon Klepsch Egon Klepsch EVP Deutschland Deutschland
4. Wahlperiode 1994–1997 Klaus Hänsch Klaus Hänsch SPE Deutschland Deutschland
1997–1999 José María Gil-Robles José María Gil-Robles EVP Spanien Spanien
5. Wahlperiode 1999–2002 Nicole Fontaine Nicole Fontaine EVP Frankreich Frankreich
2002–2004 Pat Cox Pat Cox ELDR Irland Irland
6. Wahlperiode 2004–2007 Josep Borrell Fontelles Josep Borrell Fontelles SPE Spanien Spanien
2007–2009 Hans-Gert Pöttering Hans-Gert Pöttering EVP Deutschland Deutschland
7. Wahlperiode 2009–2012 Jerzy Buzek Jerzy Buzek EVP Polen Polen
2012–2014 Martin Schulz Martin Schulz SPE Deutschland Deutschland
2014 Gianni Pittella Gianni Pittella SPE Italien Italien
8. Wahlperiode 2014–2017 Martin Schulz Martin Schulz SPE Deutschland Deutschland
2017–2019 Antonio Tajani Antonio Tajani EVP Italien Italien
9. Wahlperiode 2019–2022 David Sassoli David Sassoli
(starb am 11. Januar 2022)
SPE Italien Italien
2022– Roberta Metsola Roberta Metsola EVP Malta Malta

Mitglieder des Präsidiums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Tod von David Sassoli im Januar 2022 wurde Roberta Metsola zur Präsidentin des Europäischen Parlaments gewählt. Sie hat 14 Stellvertreter (Vizepräsidenten).[4][5] Neun Vizepräsidenten wurden im ersten Wahlgang gewählt, drei im zweiten Wahlgang und zwei im dritten Wahlgang. Anstelle der bisherigen Vizepräsidenten Klára Dobrev, Lívia Járóka, Marcel Kolaja und Fabio Massimo Castaldo wurden Pina Picierno, Eva Kaili, Evelyn Regner, Michal Šimečka und Roberts Zīle Vizepräsidenten.[6] Nach der Absetzung von Eva Kaili wurde Marc Angel neuer Vizepräsident.[7]

Name Fraktion Herkunftsstaat Anmerkungen
Pedro Silva Pereira S&D Portugal Portugal
Rainer Wieland EVP Deutschland Deutschland
Katarina Barley S&D Deutschland Deutschland
Othmar Karas EVP Osterreich Österreich
Ewa Kopacz EVP Polen Polen
Dita Charanzová Renew Europe Tschechien Tschechien
Jan-Christoph Oetjen Renew Europe Deutschland Deutschland
Heidi Hautala Grüne/EFA Finnland Finnland
Dimitrios Papadimoulis GUE/NGL Griechenland Griechenland
Pina Picierno S&D Italien Italien
Marc Angel S&D Luxemburg Luxemburg
Evelyn Regner S&D Osterreich Österreich
Martin Hojsík Renew Europe Slowakei Slowakei
Roberts Zīle ECR Lettland Lettland

Frühere Mitglieder des Präsidiums[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der Legislaturperiode ab 2019 war David Sassoli bis zu seinem Tod im Januar 2022 Präsident des Europäischen Parlaments. Er hatte 14 Stellvertreter (Vizepräsidenten).[8][9]

Name Fraktion Herkunftsstaat Anmerkungen
Mairead McGuinness EVP Irland Irland
Pedro Silva Pereira S&D Portugal Portugal
Rainer Wieland EVP Deutschland Deutschland
Katarina Barley S&D Deutschland Deutschland
Othmar Karas EVP Osterreich Österreich
Ewa Kopacz EVP Polen Polen
Klára Dobrev S&D Ungarn Ungarn
Dita Charanzová Renew Europe Tschechien Tschechien
Nicola Beer Renew Europe Deutschland Deutschland
Lívia Járóka EVP Ungarn Ungarn
Heidi Hautala Grüne/EFA Finnland Finnland
Marcel Kolaja Grüne/EFA Tschechien Tschechien
Dimitrios Papadimoulis GUE-NGL Griechenland Griechenland
Fabio Massimo Castaldo NI Italien Italien

In der zweiten Hälfte der Legislaturperiode 2014 bis 2019 war Antonio Tajani (EVP) Präsident des Europäischen Parlaments. Er hatte 14 Stellvertreter (Vizepräsidenten).[10]

Name Fraktion Herkunftsstaat Anmerkungen
Antonio Tajani EVP Italien Italien Präsident
Mairead McGuinness EVP Irland Irland
Bogusław Liberadzki S&D Polen Polen
David Sassoli S&D Italien Italien
Rainer Wieland EVP Deutschland Deutschland
Sylvie Guillaume S&D Frankreich Frankreich
Ryszard Czarnecki EKR Polen Polen
Ramón Luis Valcárcel EVP Spanien Spanien
Evelyne Gebhardt S&D Deutschland Deutschland
Pavel Telička ALDE Tschechien Tschechien
Lívia Járóka EVP Ungarn Ungarn Ersatz für Ildikó Gáll-Pelcz
Ioan Mircea Pașcu S&D Rumänien Rumänien
Dimitrios Papadimoulis GUE-NGL Griechenland Griechenland
Heidi Hautala Grüne/EFA Finnland Finnland Ersatz für Ulrike Lunacek
Fabio Massimo Castaldo EFDD Italien Italien Ersatz für Alexander Graf Lambsdorff

Außerdem gibt es fünf Quästoren.[11]

Name Fraktion Herkunftsstaat
Elisabeth Morin-Chartier EVP Frankreich Frankreich
Andrej Kowatschew EVP Bulgarien Bulgarien
Vladimír Maňka S&D Slowakei Slowakei
Catherine Bearder ALDE Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Karol Karski EKR Polen Polen

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Art. 20 der Geschäftsordnung auf der Homepage des Europäischen Parlaments.
  2. Art. 14 der Geschäftsordnung auf der Homepage des Europäischen Parlaments.
  3. Art. 17 der Geschäftsordnung auf der Homepage des Europäischen Parlaments.
  4. Karas und Regner zu Parlamentsvizepräsidenten gewählt. In: ORF.at. 19. Januar 2022, abgerufen am 19. Januar 2022.
  5. Roberta Metsola zur neuen Präsidentin des Europäischen Parlaments gewählt. In: europarl.europa.eu. 18. Januar 2021, abgerufen am 19. Januar 2021.
  6. Die neuen Vizepräsidenten und Quästoren des Parlaments. In: europarl.europa.eu. 18. Januar 2021, abgerufen am 20. Januar 2021.
  7. https://www.tageblatt.lu/author/no-author/
  8. Vierzehn Vizepräsidenten des europäischen Parlaments gewählt. 4. Juli 2019, abgerufen am 6. Juli 2019.
  9. Mitgliederverzeichnis
  10. Mitgliederverzeichnis
  11. Mitgliederverzeichnis