Rudolf Hickel – Wikipedia

Rudolf Hickel (* 17. Januar 1942 in Nürnberg) ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Er war Hochschullehrer für Finanzwissenschaft an der Universität Bremen, von November 2001 bis Oktober 2009 Direktor des Instituts Arbeit und Wirtschaft (IAW) und Gründungsmitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik.

Biografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hickel wurde als Sohn des gleichnamigen Konzertmeisters und dessen Ehefrau Elisabeth Falkenhain geboren. Er wuchs in Wildbad im Schwarzwald auf und machte Abitur am Wirtschaftsgymnasium in Pforzheim. 1962 bis 1967 studierte er Wirtschaftswissenschaften an der Freien Universität Berlin und an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, wo er Vorsitzender des AStA war. Im Anschluss daran arbeitete er in Tübingen bis 1969 als Assistent am Lehrstuhl für Theorie der Volkswirtschaft. Von 1969 bis 1970 war er wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Universität Konstanz, an deren Aufbau er als Assistenzvertreter engagiert war. 1970 promovierte er zum Dr. rer. pol. mit seiner Arbeit Ein neuer Typ der Akkumulation. Hickel war Stipendiat des Cusanuswerks.

1971 wurde er an der Universität Bremen, an deren Aufbau er aktiv beteiligt war, zum Professor für politische Ökonomie (mit Schwerpunkt öffentliche Finanzen) ernannt. 1973 erhielt er die Professur für Finanzwissenschaften. 1975 wurde er Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. In dieser Funktion ist er Mitherausgeber des jeweils am 1. Mai erscheinenden Gegengutachtens zum Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR).

1989 wurde er Mitherausgeber der politisch-wissenschaftlichen Monatszeitschriften Leviathan (inzwischen ausgeschieden) und Blätter für deutsche und internationale Politik. 1990 hielt er im Sommersemester Vorlesungen an der Humboldt-Universität zu Berlin („Marktfunktionen und Marktversagen – Grundlagen einer gemischten Wirtschaft“). 1990 veröffentlichte er zusammen mit Heiner Heseler ein Gutachten mit dem Titel Der maritime Sektor im Umbruch: wirtschaftsstrukturelle und beschäftigungspolitische Vorschläge für Rostock. 1991 erschien sein Buch Preis der Einheit.

1993 erhielt er den Lehrstuhl für Finanzwissenschaft an der Universität Bremen und war Schlichter bei den Metall-Tarifverhandlungen in Sachsen.

Seit dem Frühjahr 1994 ist er Präsident der ZWE; von November 2001 bis September 2009 war er Direktor des Instituts für Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Universität Bremen. Am 6. Februar 2007 beendete er nach über 34 Jahren seine Lehrtätigkeit dort.[1][2] Seit 2010 ist er Forschungsleiter für "Wirtschaft und Finanzen" an diesem Institut.[3]

In der Tageszeitung Neues Deutschland schrieb er im Wechsel mit Robert Kurz, Christa Luft und Harry Nick eine wirtschaftspolitische Kolumne. Auch in der Frankfurter Rundschau, in junge Welt und taz ist er immer wieder anzutreffen.

2017 wurde Hickel die Senatsmedaille für Kunst und Wissenschaft der Freien Hansestadt Bremen verliehen.[4]

Aktivitäten außerhalb der Universität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hickel ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der globalisierungskritischen Organisation Attac.[5]

Wirtschaftspolitische Standpunkte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachfrageorientierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hickel vertritt einen nachfrageorientierten Ansatz in der Wirtschaftspolitik und ist ein Vertreter einer postkeynesianischen wirtschaftswissenschaftlichen Position. Hickel befürwortet Mindestlöhne und sagt, Deutschland habe eine „international wettbewerbsstarke Wirtschaft, die wegen ihrer wachsenden Produktivität auch ein hohes Lohnniveau verträgt.“[6] Die Agenda 2010 habe den Aufschwung von 2005 bis 2007 „eher belastet“, sie habe Druck auf die Löhne ausgeübt und sei damit zu Lasten der Arbeit und des Konsums gegangen.[7] Nach Hickel schade Lohnzurückhaltung der Binnennachfrage, ein Lohnsenkungswettbewerb würde Deutschland ökonomisch sogar sehr schaden.[8] Es käme viel eher auf Innovationen an, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Darüber hinaus begünstige eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik einen „Kasino-Kapitalismus“, der die Schaffung von Arbeitsplätzen in Deutschland behindere.[9]

Kritik seitens der Angebotspolitik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seine Auffassungen werden insbesondere von angebotsorientierten Wirtschaftswissenschaftlern verworfen. Hickels Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich wurde z. B. vom wirtschaftsliberalen Ökonomen Hans-Werner Sinn scharf angegriffen. Er spricht sich gegen Hickels These aus, Deutschlands hohe Arbeitslosigkeit sei auch ein konjunkturelles Problem, das etwa durch öffentliche Ausgabenprogramme zu lösen sei.[10]

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Festschriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Weser-Kurier Nr. 31: Rudolf Hickel verabschiedet sich nach 34 Jahren von der Uni vom 6. Februar 2007; S. 9; von Elke Gundel
  2. http://www.iaw.uni-bremen.de/ccm/content/mitteilungen/2009/wechsel-an-der-spitze-des-iaw.de
  3. Zur Person Prof. Dr. Rudolf Hickel auf er Website des IAW
  4. Maren Beneke: Bremer Senat zeichnet Rudolf Hickel aus. In: Weser-Kurier vom 4. April 2017, S. 17.
  5. Mitglieder des wissenschaftlichen Beirates. In: Attac. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. Juli 2018; abgerufen am 13. Juli 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.attac.de
  6. Web (Memento vom 8. Januar 2009 im Internet Archive) Die Neoliberalen sind widerlegt. Interview in der Westdeutschen Allgemeinen vom 17. Januar 2008, abgerufen am 19. September 2008
  7. Web (Memento vom 8. Januar 2009 im Internet Archive) Die Neoliberalen sind widerlegt., Interview in der Westdeutschen Allgemeinen vom 17. Januar 2008, abgerufen am 19. September 2008
  8. Endlich!: Jetzt kommt die Zeit für höhere Löhne, Gastbeitrag im Handelsblatt vom 27. Juli 2010. (Memento vom 30. Juli 2010 im Internet Archive)
  9. FOCUS MONEY Online, Februar 2004: Wie Deutschland zu retten ist@1@2Vorlage:Toter Link/www.cesifo-group.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  10. FOCUS MONEY Online, Februar 2004: Wie Deutschland zu retten ist@1@2Vorlage:Toter Link/www.cesifo-group.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.