Tony Brooks – Wikipedia

Tony Brooks
Tony Brooks (links) 1957
Nation: Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Automobil-Weltmeisterschaft
Erster Start: Großer Preis von Großbritannien 1956
Letzter Start: Großer Preis der USA 1961
Konstrukteure
1956 B.R.M. · 1957–1958 Vanwall · 1959 Ferrari · 1960 Yeoman Credit Racing Team · 1961 B.R.M.
Statistik
WM-Bilanz: Vizeweltmeister (1959)
Starts Siege Poles SR
38 6 3 3
WM-Punkte: 75
Podestplätze: 10
Führungsrunden: 127 über 1206 km

Charles Anthony Standish „Tony“ Brooks (* 25. Februar 1932 in Dukinfield, Cheshire; † 3. Mai 2022) war ein britischer Automobilrennfahrer. Er nahm an insgesamt 39 Grand-Prix-Rennen der Formel 1 teil und erreichte dabei sechs Siege und zehn Podiumsplätze. In der Automobil-Weltmeisterschaft 1958 wurde er mit Vanwall Dritter, in der Weltmeisterschaft 1959 mit Ferrari Zweiter. Seit dem Tod von Stirling Moss im April 2020 war Brooks bis zu seinem Tod der älteste noch lebende Grand-Prix-Sieger.

Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfänge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Brooks war der Sohn des Zahnarztes Charles Standish Brooks und besuchte das Mount St Mary’s College, eine von Jesuiten geleitete Internatsschule in Derbyshire. Anschließend nahm er ein Studium der Zahnmedizin an der Universität Manchester auf.

Seinen ersten Rennwagen erwarb er, als seine Mutter ein neues Auto brauchte und er ihr anbot, bei der Auswahl behilflich zu sein und 1000 Pfund aus dem Verkauf seines Motorrads beizusteuern. Brooks kaufte einen Healey Silverstone, einen Sportwagen mit 104 PS, mit dem er in den Motorsport einstieg.

Sportwagenrennen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1952 beteiligte sich Brooks mit dem Healey und später einem Frazer Nash an zahlreichen Club-Sportwagenrennen auf den britischen Inseln und erwarb sich einen Ruf als schneller und zuverlässiger Fahrer. 1955 überließ ihm sein ehemaliger Teamkollege John Riseley-Prichard, der seinen vermögenden Eltern zuliebe mit dem Rennsport aufhörte, seinen Formel-2-Connaught Type A für das Crystal-Palace-Rennen bei London. Nur drei Formel-1-Monopostos, die von Mike Hawthorn, Harry Schell und Roy Salvadori gefahren wurden, konnten den viertplatzierten Brooks im unterlegenen Material schlagen.

Der erste Formel-1-Sieg[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Danach wurde Brooks von Aston Martin als Werksfahrer für Sportwagenrennen engagiert. Außerdem erhielt er ein Angebot des Herstellers Connaught, im Gran Premio di Siracusa 1955 auf Sizilien einen Formel-1-Wagen zu fahren. Das Connaught-Team war zu diesem Zeitpunkt nach zwei schwachen Rennsaisons in finanziellen Schwierigkeiten und konnte sich keinen etablierten Fahrer leisten. Brooks schilderte im Rückblick den Anruf: „Sie sagten, sie seien im Grand Prix von Syrakus und ob ich eins ihrer Autos fahren wollte. Um ehrlich zu sein: Sie konnten keinen anderen finden und pfiffen auf dem letzten Loch. Ich hatte überhaupt noch nie in einem Formel-1-Wagen gesessen, aber ich sagte Ja, ohne groß zu überlegen, und legte auf.“[1]

Der Grand Prix von Syrakus war ein renommiertes Rennen, auch wenn er kein Weltmeisterschaftslauf war. Ferrari verzichtete 1955 auf eine Werksteilnahme, so dass drei werkseitig unterstützte Maserati 250F, die von Luigi Musso, Schell und Luigi Villoresi gesteuert wurden, die Favoriten waren. Der überalterte Alta-Motor des Connaught war von den Ingenieuren bis an seine Leistungsgrenze entwickelt worden, wodurch die Zuverlässigkeit gelitten hatte. Aus Angst, sowohl das Startgeld als auch einen Motor zu verlieren, verweigerte man Brooks ausgiebige Testfahrten. Mehr als 12 oder 15 Runden soll er nicht zur Eingewöhnung gehabt haben. Zur Überraschung aller Experten gewann Brooks das Rennen, nachdem er den Italiener Musso nach der elften Runde überholt hatte. Es war der erste Sieg eines britischen Fahrzeugs in einem internationalen Grand Prix seit 1924.

B.R.M.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Rückkehr nach England bestand Brooks sein zahnmedizinisches Examen. Obwohl er den Beruf nie ausübte, blieb ihm der Spitzname “The Racing Dentist” (der rasende Zahnarzt). Für die Formel-1-Saison 1956 wurde er von B.R.M. unter Vertrag genommen und bestritt in Silverstone seinen ersten Weltmeisterschaftslauf. Dabei blockierte ein Gang, so dass der Wagen mit hoher Geschwindigkeit in die Begrenzung raste. Brooks wurde hinausgeschleudert und erlitt eine komplizierte Oberkieferfraktur.

Vanwall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum Ende der Saison wechselte Brooks zu Vanwall, während er zugleich für Aston Martin weiterhin erfolgreich Sportwagenrennen bestritt. In der Formel-1-Saison 1957 kam er in Monaco auf den zweiten Rang, und beim britischen Grand Prix in Aintree teilte er sich den Sieg mit Stirling Moss, da er seinen Wagen an Moss weitergegeben hatte, um ihm nach dessen Ausfall das Erreichen von wichtigen Punkten zu ermöglichen. Bei einem Unfall beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans erlitt Brooks schwerste Hautabschürfungen, die ihn ständig behinderten. Für Aston Martin gewann er trotz dieses Handikaps die Sportwagenrennen auf dem Nürburgring und in Spa-Francorchamps.

In der Formel-1-Saison 1958 waren die Rennwagen von Vanwall den Ferraris überlegen, und so galten Moss oder Brooks als Weltmeisterschaftsaspiranten. Brooks gewann zwar die Großen Preise von Belgien, Deutschland und Italien, aber im Verlauf der Saison kam es bei den Vanwalls immer wieder zu technischen Ausfällen, so dass schließlich Mike Hawthorn mit einem einzigen Sieg für Ferrari Weltmeister wurde. Vanwall gewann zwar die in diesem Jahr zum ersten Mal ausgetragene Teamkonkurrenz, der gesundheitlich angeschlagene Besitzer Tony Vanderwell zog sich aber zum Ende der Saison aus dem Motorsport zurück.

Vize-Weltmeister auf Ferrari[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

So wechselte Brooks für die Formel-1-Saison 1959 zu Ferrari. Wieder gehörte er mit Jack Brabham und Stirling Moss zu den Titelanwärtern und gewann sowohl den Grand Prix von Frankreich in Reims als auch den Großen Preis von Deutschland, der in diesem Jahr das einzige Mal auf der AVUS in Berlin ausgetragen wurde. Beim britischen Grand Prix musste er wegen eines Streiks bei Ferrari auf einem Vanwall antreten, der ausfiel, und beim erstmals ausgetragenen Großen Preis der USA in Sebring verlor er nach einer Kollision mit seinem Teamkollegen Graf Berghe von Trips durch einen zusätzlichen Boxenstopp Zeit und wurde Dritter. Brooks beendete die Weltmeisterschaftssaison als Zweiter hinter Brabham und vor Moss. Insgesamt hatten sich die wendigen Heckmotor-Cooper den frontgetriebenen Fahrzeugen überlegen gezeigt. Zur Überraschung der Italiener verließ Brooks zum Saisonende das Ferrari-Team.[2]

Ausklang der Karriere[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1960 unterschrieb Brooks beim Yeoman-Credit-Cooper-Team. Dreimal kam er in die Punkteränge, konzentrierte sich inzwischen aber mehr auf seine Kfz-Werkstatt und Fiat-Vertretung, die er in der Zwischenzeit in Weybridge bei Brooklands aufgebaut hatte.

Dennoch kehrte er 1961 noch einmal zu B.R.M. zurück: Nach unzufriedenstellenden Rennergebnissen verkündete er schließlich zum Jahresende seinen Rücktritt vom Motorsport, um sich mehr seiner Familie und seinem Geschäft widmen zu können. Nach seinen eigenen Worten hätte er besser bereits 1959 mit den Autorennen aufgehört, da er bereits zu viele Freunde und Bekannte dabei verloren hatte.

Von Fachleuten wurde Brooks wegen seiner guten Grundschnelligkeit und seiner sauberen Fahrlinie geschätzt. Der stets freundliche Brooks, der sich nach einer erfolgreichen beruflichen Karriere dem Restaurieren alter Automobile widmete, war auch später noch ein häufiger Gast bei historischen Motorsportveranstaltungen wie dem Festival of Speed.

Tony Brooks starb im Mai 2022 im Alter von 90 Jahren.[3][4]

Statistik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Statistik in der Automobil-Weltmeisterschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grand-Prix-Siege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gesamtübersicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saison Team Chassis Motor Rennen Siege Zweiter Dritter Poles schn.
Rennrunden
Punkte WM-Pos.
1956 Owen Racing Organisation BRM P25 BRM 2.5 L4 1 NC
1957 Vandervell Products Ltd. Vanwall VW5 Vanwall 2.5 L4 5 1 1 1 11 5.
1958 Vandervell Products Ltd. Vanwall VW5 Vanwall 2.5 L4 9 3 1 24 3.
1959 Scuderia Ferrari Ferrari Dino 246F1 Ferrari 2.4 V6 7 2 1 1 2 1 27 2.
Vandervell Products Ltd. Vanwall VW59 Vanwall 2.5 L4 1
1960 Yeoman Credit Racing Team Cooper T51 Climax 2.5 L4 6 7 11.
Vandervell Products Ltd. Vanwall VW11 Vanwall 2.5 L4 1
1961 Owen Racing Organisation BRM P47/58 Climax 1.5 L4 8 1 1 6 10.
Gesamt 38 6 2 2 3 3 75

Einzelergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saison 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
1956
DNS DNF
1957
2 1 9 DNF 7
1958
DNF DNF 1 DNF 7 1 DNF 1 DNF
1959
2 DNF 1 DNF 1 9 DNF 3
1960
4 DNF DNF DNF 5 5 DNF
1961
13 9 13 DNF 9 DNF 5 3
Legende
Farbe Abkürzung Bedeutung
Gold Sieg
Silber 2. Platz
Bronze 3. Platz
Grün Platzierung in den Punkten
Blau Klassifiziert außerhalb der Punkteränge
Violett DNF Rennen nicht beendet (did not finish)
NC nicht klassifiziert (not classified)
Rot DNQ nicht qualifiziert (did not qualify)
DNPQ in Vorqualifikation gescheitert (did not pre-qualify)
Schwarz DSQ disqualifiziert (disqualified)
Weiß DNS nicht am Start (did not start)
WD zurückgezogen (withdrawn)
Hellblau PO nur am Training teilgenommen (practiced only)
TD Freitags-Testfahrer (test driver)
ohne DNP nicht am Training teilgenommen (did not practice)
INJ verletzt oder krank (injured)
EX ausgeschlossen (excluded)
DNA nicht erschienen (did not arrive)
C Rennen abgesagt (cancelled)
  keine WM-Teilnahme
sonstige P/fett Pole-Position
1/2/3/4/5/6/7/8 Punktplatzierung im Sprint-/Qualifikationsrennen
SR/kursiv Schnellste Rennrunde
* nicht im Ziel, aufgrund der zurückgelegten
Distanz aber gewertet
() Streichresultate
unterstrichen Führender in der Gesamtwertung

Le-Mans-Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1955 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Aston Martin Ltd. Aston Martin DB3 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich John Riseley-Prichard Ausfall Batterie
1956 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Aston Martin Ltd. Aston Martin DBR1 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Reginald Parnell Ausfall Getriebeschaden
1957 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Aston Martin Ltd. Aston Martin DB3S Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Noël Cunningham-Reid Ausfall Unfall
1958 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich David Brown Racing Department Aston Martin DBR1/300 FrankreichFrankreich Maurice Trintignant Ausfall Getriebeschaden

Sebring-Ergebnisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1956 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich David Brown & Sons Ltd. Aston Martin DB3S Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Reginald Parnell Ausfall Motorschaden
1958 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich David Brown Aston Martin DBR1/300 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Stirling Moss Ausfall Differential

Einzelergebnisse in der Sportwagen-Weltmeisterschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saison Team Rennwagen 1 2 3 4 5 6 7
1954 Henry Ohara Moore Frazer Nash Sebring Argentinien BUA Vereinigte Staaten SEB Italien MIM Frankreich LEM Vereinigtes Konigreich RTT Mexiko CAP
DNF
1955 Aston Martin Aston Martin DB3 Argentinien BUA Vereinigte Staaten SEB Italien MIM Frankreich LEM Vereinigtes Konigreich RTT Italien TAR
DNF DNF
1956 Aston Martin Aston Martin DB3 Argentinien BUA Vereinigte Staaten SEB Italien MIM Deutschland NÜR Schweden KRI
DNF 5
1957 Aston Martin
Maserati
Aston Martin DBR1
Aston Martin DB3
Maserati 450S
Argentinien BUA Vereinigte Staaten SEB Italien MIM Deutschland NÜR Frankreich LEM Schweden KRI Venezuela CAR
1 DNF DNF
1958 Aston Martin Aston Martin DBR1 Argentinien BUA Vereinigte Staaten SEB Italien TAR Deutschland NÜR Frankreich LEM Vereinigtes Konigreich RTT
DNF DNF DNF DNF 1
1959 Scuderia Ferrari Ferrari 250TR Vereinigte Staaten SEB Italien TAR Deutschland NÜR Frankreich LEM Vereinigtes Konigreich RTT
DNF 3 3

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Derick Allsop: The British Racing Hero. From Moss to Mansell. Magna Books, Leicester 1992, ISBN 1-85422-313-5.
  • Peter Grunert: Das Formel-1-Lexikon. Alle Wagen – alle Fahrer – alle Sieger. ECON-Taschenbuch-Verlag, Düsseldorf 1997, ISBN 3-612-26353-6.
  • Jörg-Thomas Födisch, Erich Kahnt: 50 Jahre Formel 1. Die Sieger. Heel, Königswinter 1999, ISBN 3-89365-615-4.
  • Peter Scherer: 50 Years of British Grand Prix Drivers. TFM, Kemberton 1999, ISBN 0-9530052-8-3.
  • Achim Schlang: Die Formel-1-Asse unserer Zeit. Die Fahrer, die Wagen, die Strecken. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1984, ISBN 3-613-01035-6.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Tony Brooks – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. “They were doing the Syracuse Grand Prix, they said, and would I like to drive one of the cars? Frankly, they couldn’t find anyone else and they were scraping the bottom of the barrel. I had never so much as sat in a Formula 1 car before, but I rather absent-mindedly said yes, and put the phone down.”
  2. Formel-1-Statistik von Tony Brooks
  3. Tony Brooks gestorben
  4. Nachruf auf Tony Brooks