Villarceau-Kreise – Wikipedia
Villarceau-Kreise sind in der Geometrie Kreispaare auf einem Torus, die durch den Schnitt mit geeigneten Ebenen entstehen. Sie sind benannt nach dem französischen Astronomen Yvon Villarceau. Dass auf einem Torus zwei Scharen von Kreisen liegen, ist offensichtlich: 1) Eine Schar (Meridiane) entsteht durch die Rotation eines Kreises bei der Erzeugung des Torus. 2) die zweite Schar (Parallel-Kreise) entsteht durch Schneiden des Torus mit Ebenen, die senkrecht zur Rotationsachse verlaufen. 3)+4) Zwei weitere weniger offensichtliche Scharen bestehen aus Villarceau-Kreisen. Villarceau-Kreise entstehen paarweise durch Schneiden des Torus mit doppeltberührenden Ebenen (s. Bild).
Beschreibung des Torus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Torus kann durch geeignete Einführung von Koordinaten immer so dargestellt werden, dass die Rotationsachse die z-Achse und der Mittelpunkt der Nullpunkt ist. Hat ein Meridian (Kreis) den Radius und haben die Mittelpunkte der Meridiankreise den Abstand von der Rotationsachse, so lässt sich der Torus durch die Gleichung
beschreiben.
Doppeltberührende Ebene des Torus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ebene , die die x-Achse enthält und die beiden Meridiane in der y-z-Ebene berührt (s. Bild), berührt (aus Symmetriegründen) auch die Parallelkreise durch die beiden Toruspunkte und ist deshalb eine Tangentialebene des Torus. Da den Torus in zwei Punkten berührt, heißt eine doppeltberührende Tangentialebene. Für den Neigungswinkel der Ebene (s. Bild) gilt . Lässt man um die z-Achse rotieren, entstehen alle doppeltberührenden Tangentialebenen des Torus.
Erzeugung der Villarceau-Kreise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Behauptung
- Der Schnitt der Ebene (s. o.) mit dem Torus (s. o.) besteht aus den beiden Kreisen mit den Mittelpunkten und dem Radius .
Beweis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für den Beweis dreht man das Koordinatensystem um die x-Achse um den Winkel und setzt anschließend die neue 3. Koordinate Null.
- Drehung und liefert
- .
Setzt man dies in die Torusgleichung ein, ergibt sich die Gleichung der Schnittkurve:
Löst man die Klammern auf und vergleicht die Auflösung mit der Auflösung der Gleichung
- ,
so erkennt man: Beide Gleichungen beschreiben dieselbe Kurve, d. h. die Schnittfigur besteht aus den beiden Kreisen mit den Gleichungen
- und .
Parameterdarstellungen der Villarceau-Kreise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit den Ortsvektoren der Mittelpunkte und der Orthonormalbasis der Schnittebene lassen sich die beiden Schnittkreise durch
beschreiben (siehe Ellipse). Die Gleichung der Schnittebene ist oder, wegen
Ein beliebiges Paar von Villsarceau-Kreisen erhält man durch Rotation der obigen Kreise um die z-Achse um einen Winkel :
Die Schnittebene besitzt die Gleichung
Bestimmung der Villarceau-Kreise durch einen Toruspunkt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ist ein Toruspunkt vorgegeben und man sucht die beiden Villarceau-Kreise durch , so muss man die Schnittebene aus der obigen Schnittebenen-Schar bestimmen, die enthält, d. h. man muss so bestimmen, dass
Dieses Problem lässt sich durch die Substitution in der --Ebene als das Schnittproblem der Gerade mit dem Einheitskreis auffassen und lösen (siehe Schnittpunkt einer Gerade mit einem Kreis). Im Allgemeinen erhält man so zwei Ebenen und insgesamt vier Villarceau-Kreise, von denen nur zwei den vorgegebenen Punkt enthalten. Im Sonderfall, dass die beiden Ebenen gleich sind, ist einer der beiden Schnittpunkte der beiden Villarceau-Kreise.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ulrich Graf, Martin Barner: Darstellende Geometrie. Quelle & Meyer, Heidelberg 1961, ISBN 3-494-00488-9, S. 209.
- Georg Glaeser: Geometrie und ihre Anwendungen in Kunst, Natur und Technik, Springer-Verlag, 2014, ISBN 9783642418525, S. 216.
- Hellmuth Stachel: Remarks on A. Hirsch's Paper concerning Villarceau Sections. In: Journal for Geometry and Graphics 6 (2002), Nr. 2, S. 133–139.
- Yvon Villarceau: Théorème sur le tore. In: Nouvelles annales de mathématiques. Journal des candidats aux écoles polytechnique et normale 7 (1848), S. 345–347.